RigaDas Freiheitsdenkmal in der lettischen Hauptstadt Riga ist eines der beliebtesten Ausflugsziele. Nicht nur Touristen zieht es hierhin, auch viele Letten besuchen das Denkmal, ist es doch das Symbol für die Unabhängigkeit des kleinen baltischen Landes. Es scheint, als wären an diesem sonnigen Spätsommertag besonders viele Menschen hier am Rande der Altstadt.
Im 300 Kilometer entfernten Tallinn hat US-Präsident Barack Obama in einer Rede den baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen absolute Bündnistreue zugesichert. „Die Verteidigung von Tallinn, Riga und Vilnius ist genauso wichtig wie die von Berlin, Paris und London", hatte Obama erklärt. Genau das wollten die Menschen in den drei baltischen Ländern vor dem Hintergrund der Ukraine-Russland-Krise hören. Auch hier am Freiheitsdenkmal in der lettischen Hauptstadt ist die Versicherung des US-Präsidenten mit Genugtuung aufgenommen worden.
Ein Drittel der Esten sind Russen„Wir wurden 1991 ebenfalls von sowjetischen Panzern bedroht und leisteten mit unseren Barrikaden Widerstand", sagt eine Lettin mittleren Alters. „Weil wir in der Nato und der EU sind, fühle ich mich allerdings recht sicher. Und Obama hat für unsere Sicherheit garantiert". Besonders aufmerksam verfolgen die meisten Menschen in den baltischen Ländern den eskalierten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.
Zwar liegt die Loslösung der drei kleinen Länder von der Sowjetunion 23 Jahre zurück, doch die Erinnerung an die sowjetische Okkupation ist auch bei jüngeren Balten nicht verblasst. Und die Ereignisse in der Ostukraine haben überwunden geglaubte Ängste wieder aufleben lassen. „Was passiert", fragt ein älterer Mann, „wenn die russische Minderheit hier bei uns Russland um Hilfe ruft?"
Putin spricht...„Die Militarisierung des Weltraums und die US-Stützpunkte in Europa und Alaska, direkt an unserer Grenze, nötigen uns zu einer Reaktion." am 10.09. in einer Pressekonferenz
„Russland behält sich das Recht vor, alle vorhandenen Mittel zu nutzen, sollte es in östlichen Regionen der Ukraine zu Willkür kommen." am 4. 3. in einer Pressekonferenz
„Diese Gebiete (im Süden und Osten der Ukraine) waren als Neurussland historisch ein Teil des Russischen Reiches. Erst in den 1920er Jahren wurden die Territorien von den Bolschewiken der Ukraine gegeben. Gott weiß warum." am 17. 4. im russischen Staatsfernsehen
„Es müssen umgehend substanzielle inhaltliche Verhandlungen anfangen - nicht zu technischen Fragen, sondern zu Fragen der politischen Organisation der Gesellschaft und der Staatlichkeit im Südosten der Ukraine." am 31. 8. vor dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe
Tatsächlich ist diese Befürchtung in Estland und Lettland immer wieder zu hören. In beiden Ländern sind ein knappes Drittel der Bewohner Russen. Sie wurden von Moskau hier angesiedelt und sind nach der Unabhängigkeit im Baltikum geblieben. Nach Meinung des lettischen Soziologen Arnis Katins hat das zu einer „zweigeteilten Gesellschaft" geführt. „Es gibt russische und lettische Schulen, russische und lettische Theater, russisch- und lettischsprachige Medien", sagt er.
Viel entscheidender noch: Rund 280.000 der in Lettland lebenden Russen besitzen nicht die lettische Staatsbürgerschaft, haben keinen Pass. Sie sind sogenannte „Nichtbürger". Wer die lettische Staatsbürgerschaft bekommen möchte, muss einen Sprachtest absolvieren. Für viele, vor allem ältere Russen, ist das eine schwierige Hürde. Die Regelung ist seitens der Europäischen Union mehrfach kritisiert worden, und auch in Lettland gibt es viele Stimmen, die gleiche Rechte für alle Bürger fordern.
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