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Pflegegrad-Management - Fehleinstufungen vermeiden

Wer sich mit den Pflegegraden beschäftigt und Begutachtungen begleitet - egal in welcher Funktion - weiß, über das aktuelle Begutachtungs-Instrument kann man nicht genug wissen. Insofern liegt der Kauf eines Buches, das aktuelles Expertenwissen verspricht sehr nahe.

Leider bin ich enttäuscht von dem Buch, da ich neben einem eher allgemeinen Expertenwissen auf mehrere Fehler gestoßen bin, die mir die Lektüre doch vermiest haben.
Grundsätzlich ist dieses Buch sicher ganz gut, wenn man sich einen Überblick über das Begutachtungs-Instrument zu den Pflegegraden verschaffen will. Aus meiner Sicht und Erfahrung fehlten jedoch wichtige Informationen aus der Praxis, etwa dass seit längerem Antriebslosigkeit nur in Zusammenhang mit einer Depression und nur unter Vorlage eines entsprechenden Attests gewürdigt wird, aus dem möglichst hervorgeht, dass eine medikamentöse Behandlung nicht greift.
Wie Experten mit dieser Situation umgehen, wäre interessant gewesen.

Die Autorin gibt gute Anregungen und auch Hinweise, die für die Installation eines Pflegegradmanagements in stationären Einrichtungen hilfreich sind.

Es erfolgt auch ein Exkurs zu Pflegehilfsmitteln nach SGB XI und Hilfsmitteln nach SGB V. Für meinen Geschmack hätte es diesen Exkurs jedoch nicht gebraucht, aber das kann man auch einfach überblättern. Manchem mag es eine gute Auffrischung sein.
Enthalten ist auch ein Kapitel zur Kinderbegutachtung, das mir persönlich etwas zu kurz geraten ist.

Allerdings, und das war für mich ausgesprochen ärgerlich, verbreitet die Autorin in ihrem Buch Behauptungen, die nicht der aktuellen Rechtslage entsprechen, die ich nachfolgend ausführe:

Frau König schreibt, dass es erst seit 2017 eine Dienstleistungs-Richtlinie für die Gutachter Sozialmedizinischer Dienste gibt.
Tatsächlich wurde dieser Dienstleistungs-Richtlinie bereits am 10.09.2013 vom Bundesministerium für Gesundheit zugestimmt und sie wurde damit in Kraft gesetzt. Die Dienstleistungs-Richtlinie gilt seitdem und ist bspw. ausschlaggebend dafür, dass die Ankündigungszeitkorridore seither auf zwei Stunden beschränkt sind.
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Weiterhin behauptet Frau König, der Bestandsschutz für übergeleitete Pflegegrade gelte nur bis zum 31.12.2018.
Das ist falsch. So lange eine Pflegebedürftigkeit besteht, die mindestens Pflegegrad 1 entspricht, gilt der Besitzstandsschutz und es bleibt beim übergeleiteten Pflegegrad. (s. hierzu: Dauerhafter Besitzstandsschutz).
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Laut Frau König gilt die so genannte 5-Wochen-Frist, innerhalb derer nach einer Antragstellung bei der Pflegekasse ein Bescheid zu ergehen hat, seit 2018.
Tatsächlich gibt es diese Frist bereits seit 2013. Sie wurde jedoch im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes in 2016/2017 ausgesetzt. Insofern gilt diese Frist nicht seit 2018, sondern wieder ab 2018.
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Auch im Verwaltungsrecht hat dieses Buch Schwächen. So schreibt Frau König, dass nach einem Widerspruch ein zweiter Widerspruch eingelegt werden könne.
Das ist falsch.
Richtig ist, dass im Verlauf des Widerspruchsverfahrens viele Pflegekassen eine "Zwischenmitteilung" versenden, wie das Verfahren ausgehen wird / könnte.
Es wird dann i. d. R. gefragt, ob der Widerspruch aufrecht erhalten wird. Zudem besteht die Möglichkeit einer ergänzenden Stellungnahme. Es besteht aber keinesfalls die Möglichkeit, innerhalb eines Widerspruchsverfahrens ein weiteres Widerspruchsverfahren ("einen zweiten Widerspruch") einzulegen.
Der Rechtsweg ist: Widerspruch einlegen, wenn der Widerspruchsbescheid ergangen ist und das Ergebnis nicht gefällt, Klage einreichen.
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Sieht man über die rechtlichen Fehler hinweg, kann dieses Buch durchaus hilfreich sein, um sich mit dem Verfahren zur Ermittlung eines Pflegegrades vertraut zu machen.
Für mich haben sich die knapp 35,00 € nicht gelohnt.

Angaben zum Buch:Pflegegrad-Management: Fehleinstufungen vermeiden - Pflegeprozess optimal strukturieren - Erlöse nachhaltig sichern - Expertenwissen: aktuell, kompakt, praxisnah


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