1 subscription and 0 subscribers
Column

Das bisschen Alltag: Home Office

Diese Anfahrtswege zur Arbeit! Dank Home Office und Skype gar nicht mehr nötig. Ökologisch nachhaltiger sei es auch, wenn viel mehr Menschen einfach zum Arbeiten zuhause blieben. Aber nicht nur das. »Arbeiten im Home-Office bringt Vereinbarkeit von Familie und Beruf voran« betitelte das Familienministerium im Mai 2016 einen Bericht über die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung zum Thema. Das Bild, das den Bericht illustriert, zeigt eine Frau in Heimarbeit: auf dem Schreibtisch Dokumente, die sie ausfüllt, daneben Tastatur, Computer, auf ihrem Schoß ein Baby. Im Text erfährt man, dass die befragten Nutzer*innen von mobilen Arbeitsformen durchschnittlich bis zu 4,4 Stunden pro Woche sparen. 93 Prozent derjenigen Befragten, die zuhause arbeiteten, bestätigten, Home-Office führe auch dazu, »Familienaufgaben und berufliche Pflichten partnerschaftlicher zwischen Müttern und Vätern aufzuteilen und Zeit für die Familie zu gewinnen«.

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat nun gezeigt, dass vor allem die Firmen gewinnen. Zum einen sparen sie Kosten für die Unterhaltung von Büroarbeitsplätzen, denn Home Office ermöglicht Desk-Sharing-Modelle, sodass weniger Arbeitsplätze betrieben werden müssen. Der neuen Studie zufolge stecken zudem Väter im Home Office durchschnittlich zwei Stunden mehr in den Job, Mütter machen eine zusätzliche Überstunde. Mehr Zeit für die Kinderbetreuung wenden dagegen vor allem Frauen auf, während Männer sich genauso viel oder wenig kümmern wie vorher. Mütter, die zuhause arbeiten, kommen demnach in der Woche auf drei Stunden mehr Betreuungszeit für die Kinder als Mütter, die kein Home Office nutzen.

Die Empörung angesichts der neuen Befunde war groß. Die Heimarbeit sollte doch eigentlich der Emanzipation dienen!

Wie geht Home Office besser? Die Website arbeitsabc.de hat ein paar Tipps: »Wenn Sie selbst stets mit einem Auge bei dem Kind sind, wird Ihre Produktivität unter dem Multitasking leiden.« Man solle die Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, einen abschließbaren Büroplatz einrichten. Das Baby zur Selbstgenügsamkeit erzogen und sich im zum Arbeitszimmer umfunktionierten Schlafzimmer eingeschlossen? Wenn man kleine Kinder habe, sei womöglich dann doch eine Kinderbetreuung nötig, so arbeitsabc.de: »Sie können ein Kleinkind schließlich nicht einfach unbeaufsichtigt im Nebenzimmer lassen«.

Schaut man noch mal auf das Foto auf der Website des Familienministeriums, das eine Mutter im »Home Office« zeigt: Sehr gute CO2-Bilanz, aber das Baby wirkt gelangweilt und die Frau nicht so, als würde sie arbeiten. Sie sieht nun mehr wie eine Frau aus, deren Arbeitgeber ihr keinen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hat. Was ihr aber nur recht sein kann, denn offensichtlich hat sie auch keinen Krippenplatz bekommen. Ihr Desk-Sharing-Partner: kein Arbeitskollege, sondern ein Kleinkind.