Von Greta Lührs, "Hohe Luft"
Weshalb sollten wir die Ressourcen der Welt schützen? Weil wir es den Generationen nach uns schuldig sind - ist doch klar! Aber warum eigentlich? Und: Wenn wir davon so überzeugt sind, wieso tun wir es dann nicht? Die Philosophiezeitschrift "Hohe Luft" hat Antworten.Hamburg - Unser Lebensstil muss nachhaltiger werden. Kaum jemand würde dieser These heutzutage widersprechen - und trotzdem handelt fast niemand danach. Der "Living Planet Report 2014" des WWF hat gerade erneut aufgezeigt, wie ernst es um die Ressourcen der Erde steht: "Machen wir so weiter, benötigen die Menschen bis zum Jahr 2030 zwei komplette Planeten, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären es knapp drei Erden", lautet die Bilanz des WWF.
Aber wieso sollten wir die Ressourceneigentlich schonen statt sie aufzubrauchen? Was spricht dagegen, sich frei nach dem Motto "Nach mir die Sintflut" unverantwortlich zu fühlen für das Leben von Menschen, die es noch gar nicht gibt?
Erstens übernehmen künftige Generationen auch keine Verantwortung für uns, und zweitens nimmt keine konkrete Person unmittelbaren Schaden an unseren heutigen Handlungen - da sie ja nicht existiert. Seit dem Jahr 1979, als der Philosoph Hans Jonas (1903 -1993) den Entwurf einer "Ethik für die technologische Zivilisation" verfasste, gehört die Frage, wieso nicht nur ökonomische, sondern auch moralische Gründe für eine nachhaltige Lebensweise sprechen, zu den wichtigsten Themen der zeitgenössischen Ethik.
Laut Jonas basiert unsere Verantwortung für die Zukunft darauf, dass wir heute zu Handlungen fähig sind, deren Folgen zeitlich und räumlich weiter reichen als bis zu unseren unmittelbaren Mitmenschen. Oder um es mit einem Zitat des Superhelden Spiderman zu sagen: "Aus großer Kraft folgt große Verantwortung."
Die Moral der Symbiose zwischen Mensch und Umwelt
Dabei ist der Begriff "Nachhaltigkeit" ursprünglich übrigens nicht ethischer Natur. Er stammt aus der Forstwirtschaft. Geprägt hat ihn dort ein Mann namens Hans Carl von Carlowitz (1645 -1714), ein sächsischer Adelssprössling, der sich als Oberberghauptmann des Erzgebirges um die heimischen Wälder sorgte.
In seinem Leitfaden "Sylvicultura oeconomica" fordert er "eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung" der Holzressourcen, die im Prinzip darin besteht, nicht mehr Bäume zu fällen als nachwachsen können. Dadurch sollen die Wälder erhalten bleiben und die Bevölkerung langfristig mit Brennstoff und Baumaterial versorgt werden.
Carlowitz reagierte damit auf den Umstand, dass die Holzversorgung zu seiner Zeit immer knapper wurde. Doch ging es ihm nicht bloß darum, die Nachfrage zu befriedigen. Er sah es auch als moralisch geboten an, die Rohstoffe der Erde nicht bis zur Erschöpfung auszubeuten, sondern ein symbiotisches Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt herzustellen.
Insofern war Carlowitz ein Wegbereiter unseres modernen Nachhaltigkeitsbegriffs. Zwar wird dieser inzwischen äußerst vielfältig verwendet und interpretiert, doch die Definition orientiert sich meist an der Formulierung aus dem Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, dem sogenannten Brundtland-Bericht von 1987. Darin heißt es, nachhaltig sei eine Entwicklung, "die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen".