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Trotz Trump: Amerikaner glauben an gute Beziehungen zu Deutschland

Es war ein warmer Sommertag im vergangenen Mai, als Angela Merkel bei einer Wahlkampfveranstaltung der CSU in einem Bierzelt in Trudering die Entfremdung Deutschlands zu den Vereinigten Staaten mit dem mittlerweile berühmten Satz bestätigte: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei."

In Deutschland war diese Erkenntnis vielen schon nach dem Nato-Gipfel in Brüssel gedämmert, auf dem Donald Trump es versäumt hatte, den Artikel 5 des Bündnisvertrages zu bestätigen. In der breiten amerikanischen Bevölkerung glauben aber auch nach einem Jahr Trump nur die wenigsten, dass sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen unter ihm verschlechtert haben, wie das Washingtoner Meinungsforschungsinstitut „Pew Research Center" in einer aktuellen Studie herausgefunden hat.

Der Unterschied in der Wahrnehmung auf beiden Seiten des Atlantiks könnte demnach nicht größer sein: Zwei von drei Amerikanern schätzen die Beziehungen ihres Landes zu Deutschland noch immer als gut ein, die Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) allerdings ist vom Gegenteil überzeugt. Auch bei der Frage nach dem wichtigsten Faktor für die Zusammenarbeit beider Länder gehen die Meinungen weit auseinander. In Deutschland sehen 45 Prozent der Befragten Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und 35 Prozent gemeinsame demokratische Werte als Grundlage der Zusammenarbeit. In den Vereinigten Staaten sieht hingegen nur eine Minderheit (21 Prozent) in gemeinsamen demokratischen Werten den wichtigsten Faktor der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Stattdessen werden Sicherheit und Verteidigung sowie Wirtschafts- und Handelsbeziehungen von jeweils einem Drittel der Befragten als solcher angesehen.

Es ist offensichtlich, dass der Pessimismus der Deutschen in Bezug auf Amerika in der Person Trumps begründet liegt, der nicht nur Angela Merkel persönlich wegen ihrer Flüchtlingspolitik angegriffen hat, sondern Deutschland beim Nato-Gipfel in Brüssel auch als „böse, sehr böse" bezeichnet haben soll. Das bestätigte auch Richard Wike, Direktor für globale Meinungsforschung des „Pew Research Centers", gegenüber der FAZ: „Der wichtigste Faktor ist, dass die deutsche Öffentlichkeit die Politik der Trump Regierung und Donald Trump selbst ablehnt". Die Zustimmungsrate für Trump liegt unter den Deutschen laut der Pew-Studie bei nur elf Prozent - sein Vorgänger Barack Obama kam selbst zu Hochzeiten des NSA-Skandals, bei dem die Abhörung des privaten Handys der Kanzlerin durch den amerikanischen Geheimdienst publik wurde, auf 71 Prozent. Fragt man unter Amerikanern nach ihrem Vertrauen in die deutsche Bundeskanzlerin, trauen ihr über die Jahre immer mehr Befragte zu, das Richtige zu tun - mittlerweile sind es 56 Prozent. Bei den Republikanern hat danach genau die Hälfte der Befragten Vertrauen in die Kanzlerin, bei den Demokraten sind es sogar 60 Prozent.

Zwar sieht unter Präsident Trump nur ein Drittel der Deutschen die Vereinigten Staaten positiv, eine Verringerung von 22 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr, aber 43 Prozent halten das Land aber weiterhin für den wichtigsten Partner Deutschlands. Deutlich mehr Deutsche gestehen diesen Status aber Frankreich zu (63 Prozent). Für Amerikaner hat Deutschland umgekehrt nicht so große Bedeutung - die Mehrheit sieht entweder Großbritannien (31 Prozent) oder China (24 Prozent) als wichtigsten Partner der Vereinigten Staaten an.

Einigkeit herrscht bei beiden Völkern aber hinsichtlich der Kooperation. Für mehr Zusammenarbeit mit dem jeweils anderen findet sich sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Deutschland eine Mehrheit. Trotzdem gibt es Unterschiede: Ein Drittel der Deutschen würde gerne eine Verringerung der Kooperation mit den Vereinigten Staaten sehen - in Amerika plädieren nur 21 Prozent dafür, weniger mit den Deutschen zusammenzuarbeiten.

Als Angela Merkel Mitte März 2017 von ihrem Antrittsbesuch bei Donald Trump zurückkehrte, twitterte der amerikanische Präsident, Deutschland schulde den Vereinigten Staaten „riesige Summen Geld", weil es zu wenig für die Nato zahle. Damit stößt Trump bei seinen Landsleuten offenbar auf offene Ohren: Laut den Erkenntnissen des „Pew Research Center" finden 45 Prozent der Amerikaner, dass die europäischen Verbündeten ihre Verteidigungsausgaben steigern sollten. In Deutschland hält die Mehrheit jedoch das derzeitige Niveau für ausreichend. Nur ein Drittel der Befragten würde eine Steigerung der Ausgaben befürworten.

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