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Klingeling, wir fahren Rad!

Hamburg macht mobil. Die Stadt investiert massiv in den Ausbau des Radwegenetzes, bis 2020 sollen laut Senat jedes Jahr 50 km neue Radwege gebaut werden. Das Ziel: 14 Velorouten mit einer Länge von 280 km, die die ganze Stadt durchziehen sollen. Bereits jetzt führen insgesamt mehr als 1.700 km Radwege durch die Hansestadt - deutscher Rekord. Der Senat bezeichnet die Hansestadt deshalb schon einmal vorsorglich als "Fahrradstadt".

Radler sind die besseren Kunden

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ist da etwas zurückhaltender, denn für eine solche Bezeichnung müsste der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehr bei mindestens 25 % liegen. Experten schätzen ihn derzeit in manchen Stadtteilen jedoch nur auf 16 bis 18 % - belastbare Zahlen hierzu gibt es aber nicht. Doch trotz dieser Spanne ist ein Trend unverkennbar: Immer mehr Hamburger steigen aufs Rad um. Mehr als 1,6 Millionen Fahrräder gibt es laut Deutschem Institut für Urbanistik (Difu) in Hamburg, jeder vierte Hamburger fährt täglich mit dem Rad.

Und das hat auch wirtschaftliche Auswirkungen: Die European Cyclists Federation (ECF) hat ermittelt, dass Kunden, die per Fahrrad zum Geschäft kommen, mehr Geld als Autofahrer ausgeben. Autofahrer mögen zwar mehr Geld pro Besuch dalassen. Aber sie besuchen die Geschäfte weniger oft. Zudem kaufen Radfahrer vorwiegend lokal ein und sind treuere Kunden. Vielleicht ist es auch deshalb eine gute Idee, dass seit Herbst 2018 im Hamburger Stadtteil Ottensen das Autofahren auf einigen Straßen für ein halbes Jahr verboten wird. Radfahrern bleibt es weiterhin erlaubt, vom Spritzenplatz aus die Ottenser Hauptstraße entlangzufahren. Es ist ein Testballon, um herauszufinden, welche Auswirkung autofreie Zonen in Innenstädten haben.

Auf dem Radweg, auf der Straße

Doch bei aller Radleidenschaft: Nicht immer stößt ein geplanter Fahrradwegausbau auf große Gegenliebe. Der 1.300 km lange Elberadweg von der Mündung bis Quelle ist in einem Bereich von Hamburg unterbrochen. Ein Teil der Lückenschließung sollte auf dem Elbstrand gebaut werden - einem der beliebtesten Ausflugsziele der Stadt. Die Hamburger fanden die Idee - um es milde auszudrücken - unsinnig und entschieden sich bei einem Bürgerentscheid mit großer Mehrheit dagegen. Die Ablehnung hieß aber nicht, dass das Fahrrad künftig zu Hause bleiben soll, im Gegenteil. Nur eine andere Route soll es sein. Als Alternative bleibt allerdings nun nur ein Radstreifen auf der viel befahrenen Elbchaussee.

Da kann es dann auch schon mal ganz schön eng werden. Aber was ist, wenn es mal kracht? Welche Rechte und Pflichten hat ein Radfahrer? Die sind wie bei Autofahrern auch in der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Darin steht zum Beispiel, wie sich Radfahrer generell zu verhalten haben, wo Kinder fahren dürfen oder wie man sich bei Ampeln verhält. So eine Übersicht ist schon deshalb sinnvoll, weil man fürs Radfahren keine Fahrschule besuchen muss, wo all das unterrichtet wird.

Allerdings heißt das nicht, dass man das Fahrradfahren nicht lernen müsste. Die Verkehrswacht Hamburg hat in der Großmannstraße 210 einen eigenen Trainingsparcours, auf dem sie entsprechende Kurse anbietet. Wer als Erwachsener eine Möglichkeit sucht, kann sich getrost an die Ergotherapeutin Felicitas Gierse wenden - sie hat noch jeden aufs Rad gebracht.

Immer mehr Räder stehen unter Strom

Bei Fahrrädern gibt es auch in Hamburg zwei Trends zu beobachten: Zum einen nimmt die Zahl der Räder mit Elektromotor zu, egal ob Pedelecs, bei denen man noch mittreten muss, oder die schnellen E-Bikes, die ohne menschliches Zutun fahren. Trend zwei sind Lastenfahrräder, die immer häufiger als Alternative zu Autos gekauft werden. Sie werden für den Transport von Kindern zur Kita genutzt, zum Einkaufen, aber auch von Lieferdiensten. Gerade in einer Großstadt wie Hamburg sind diese Lastenräder eine gute Alternative zum Transport per Auto - wenn auch nur auf kurzen Strecken.

Was gerade Trend ist, hat auch die Bahn erkannt: Der nicht nur in Hamburg beliebte Service Call a Bike hat kürzlich alle Leihfahrräder gegen neue ausgetauscht - und bietet nun auch Pedelecs und Lastenfahrräder an. Der Clou: Wie bei den herkömmlichen Rädern auch ist die erste halbe Stunde der Leihe kostenfrei. Wer doch lieber eigene Lastenräder fährt, kann sich vor dem Kauf bei Ahoi Velo (Kleiner Schäferkamp 12) informieren.

Radrennen oder City-Touren

Ab 25. August 2019 kann man wieder hautnah erleben, wie fahrradbegeistert Hamburg ist. An diesem Tag finden zum 24. Mal die Cyclassics statt. Es ist im Norden das wichtigste "Radrennen für Alle". Drei unterschiedliche Distanzen über 60, 100 und 160 km bieten für jeden sportlichen Anspruch das richtige Streckenpaket. Und entlang der Strecke jubeln die Hamburger den sportlichen Teilnehmern zu. Diese Motivation können sie auch gebrauchen, denn besonders entlang der Elbe am Waseberg mit immerhin einer Höhe von 87 Metern hat es die Strecke ganz schön in sich.

Wer jetzt beim Lesen schon die Puste verliert, sollte sich vielleicht lieber für eine gemächliche Tour durch die Stadt entscheiden. Der Online-Dienst komoot hat ein paar Vorschläge. Eine schöne Tour ist all jenen bekannt, die jedes Jahr mit dem Rad zum Dockville-Festival fahren: Die etwa 17 Kilometer lange Strecke führt durch den Alten Elbtunnel, entlang alter Hafenanlage bis nach Wilhelmsburg. Wer danach keine Kraft mehr für den Rückweg hat, steigt mit dem Rad einfach in die S-Bahn. Auch die 51 Kilometer lange Tour zum Zollenspieker Fährhaus führt über den Hafen. Los geht es an den Deichtorhallen und dem Großmarkt. Am Deich entlang führt die Strecke bis zum Oortkaten-Badesee und weiter bis zum Zielpunkt Fährhaus.

Oder doch lieber eine geführte Tour? Dann könnte der Laden Zweiradperle die richtige Adresse sein: In der Altstädter Straße 3-7 gibt es Fahrradverleih, eine eigene Werkstatt und viele spannende Touren, bei denen man Hamburg (ganz neu) entdecken kann.

Fahrradmarkt Fietsenbörse

Steht gerade kein Rad zur Verfügung? Kein Problem, in Hamburg gibt es zahlreiche Läden mit einer breiten Auswahl für jeden Geschmack. Doch es muss nicht immer ein neues Rad sein. Auf dem Spielbudenplatz findet mehrmals im Jahr die Fietsenbörse statt. Zoll, Bahn und Fundbüro versteigern dort regelmäßig sichergestellte und nicht abgeholte Räder.

Ebenfalls eine gute Gelegenheit: Bei ReCycle werden gebrauchte Fahrräder zu neuen Schmuckstücken umgebaut. Außerdem unterstützt man dort eine gute Sache. Der Radladen in der Großen Bergstraße in Altona reserviert die Hälfte seiner Arbeitsplätze für Menschen mit einer Schwerbehinderung, die auf dem Arbeitsmarkt oft keine Chance haben.

Wer sein neues Rad vor Dieben schützen will, sollte auf Nummer sicher gehen: Die Stiftung Warentest hat kürzlich aktuelle Fahrradschlösser getestet.

Und nun gibt es wirklich keine Ausreden mehr: Ab aufs Rad!

Hilfreiche Links für Fahrradfahrer in Hamburg
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