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Zensur, Korruption, Gewalt: Wie frei sind die Medien in Indonesien?

Zensur, Korruption, Gewalt: Wie frei sind die Medien in Indonesien?

Kategorie: Presse

Über die Pressefreiheit in Indonesien hat die Journalistin Anett Keller in einem Vortrag am IJK berichtet. Die Expertin, die sich u.a. in der Südostasien-Informationsstelle in Köln engagiert, sprach vor Studierenden der Universität Hamburg über Zensur durch staatliche Behörden, Einschränkungen für ausländische Journalisten und alltägliche Korruption bei den Medien.

Von Frederic Zauels

Hamburg. Indonesien ist mit 238 Millionen Einwohnern das viertbevölkerungsreichste Land der Welt. In westlichen Medien wird es laut Anett Keller, die seit 15 Jahren als Journalistin über das südostasiatische Land berichtet und acht Jahre dort gelebt hat, trotzdem kaum beachtet. Anlässlich der Ausstellung "Den Mutigen eine Stimme geben. Medien- und Meinungsfreiheit in Südostasien", die bis Ende Januar 2015 in der Fachbereichsbibliothek Sozialwissenschaften zu sehen war, informierte Keller über Zensur, Korruption und Gewalt gegenüber indonesischen Vertretern der Presse. Behindert werde eine unabhängige und freie Berichterstattung zudem von der Konzentration der Medien in den Händen von einflussreichen Politikern und Wirtschaftsbossen, sagte Keller, die u.a. für die Südostasien-Informationsstelle, eine Einrichtung des Vereins für entwicklungsbezogene Bildung zu Südostasien e.V. mit Sitz in Köln, arbeitet.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen listet Indonesiens Pressefreiheit nur auf Platz 132 von 180. Im Vergleich mit anderen Ländern der Region könne das Land aber als liberal gelten, die Medien seien vergleichsweise vielfältig, sagte Expertin Keller in Hamburg. Das war jedoch nicht immer so. Erst 1999 wurden - nach dem Sturz der Diktatur unter Präsident Suharto im Jahr 1998 - liberale Pressegesetze erlassen und Medien sowie Journalisten von einer Lizenzpflicht befreit.

Eine Ausnahme bildet laut Keller bis heute die Provinz Papua. Die ressourcenreiche Region werde streng kontrolliert, viele ökonomische Interessen würden ohne die Zustimmung der Zivilgesellschaft durchgesetzt. Dabei versuchten mächtige Interessengruppen, die Medien daran zu hindern, Missstände aufzudecken. Ausländische Journalisten dürfen, so berichtet Keller, die Provinz Papua nur mit einer Ausnahmegenehmigung bereisen: "Selbst wenn sie diese erhalten, dürfen sie sicher sein, vom Geheimdienst observiert zu werden", fügt Keller an. Im vergangenen Jahr wurden französische Journalisten, die für den deutsch-französischen Fernsehsender Arte eine Dokumentation über die umstrittene Palmölproduktion in Papua drehten, vorübergehend inhaftiert.

Auch in den anderen Regionen Indonesiens sind laut Keller noch zahlreiche Hürden auf dem Weg zu einer größeren Pressefreiheit zu überwinden: Filme, die vermeintlich kritisch die Geschichte des Landes beleuchten, werden von einer nationalen Filmbehörde zensiert. Manche Fernsehteams berichteten nur gegen Bargeld, und der Chefredakteur der Jakarta Post sei verhaftet und gerügt worden, weil sich eine Karikatur des Blattes kritisch mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) auseinandergesetzt hatte.

Medienkonzentration ist Hauptproblem

Hauptsächlich bestehe das Problem aber in der Konzentration der Medien, stellte Keller heraus. Zwar gebe es mit mehr als 1200 Rundfunksendern, 76 Fernsehstationen und über 1700 Zeitungen sowie Zeitschriften so viele verschiedene Angebote wie noch nie, die meisten werden aber von nur zwölf Unternehmen finanziert. Ihre Eigentümer hätten entweder Verbindungen zur Politik oder gar hohe politische Ämter und damit Machtpositionen inne. So würden beispielsweise zwei wichtige Fernsehsender Indonesiens, die beiden größten Nachrichten-TV-Stationen Metro TV und TVOne, von zwei sehr einflussreichen und gleichwohl verfeindeten Politikern geführt.

Hoffnung mache das Internet, hob Expertin Keller hervor: 30 Millionen Indonesier sind bei Twitter, 70 Millionen nutzen Facebook. Der neue Präsident Joko Widodo will die demokratische Wende eigener Ankündigung zufolge fortführen, er gilt als modern und "Vertreter einer neuen Politik". Die in Bremen lebende Journalistin hofft auf weitere Fortschritte: "Die Gesetze für eine erfolgreiche Umsetzung der Medienfreiheit sind gegeben, es fehlt an der Umsetzung."

Anett Keller bei ihrem Vortrag (Foto: Florian Hohmann)

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