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Alles Fassade!

DAS SLUISHUIS VON BJARKE INGELS ARCHITEKTEN IN IJBURG, EINEM AUF KÜNSTLICHEN INSELN ERBAUTEN VIERTEI IN AMSTERDAM NIEDERLANDE. FOTO: RASMUS HJORTSHOJ

Recyceltes Aluminium an die Front: Mit mehrdimensionalen Platten schafft das Unternehmen Speira funktionell und visuell interessante Außenflächen.

von Franziska Horn

Ob Hochhaus, Sportstadion, Geschäfts- oder Industriebau – für die Materialen an der Außenseite gilt: Lieber keinen Druck machen. Leichte Baustoffe punkten in Sachen Gewicht, schon weil sie den Druck auf die Gebäudestruktur niedrig halten. Unter diesen tut sich Aluminium beinahe als Joker hervor. Denn: Wussten Sie, dass Aluminium ein Drittel der Dichte von Stahl und weniger als ein Drittel der Dichte von Kupfer hat? Allein das legt die Verwendung eines Metalls wie Aluminium für Verkleidungen nahe.

Das zähe Metall macht acht Prozent der Erdoberfläche aus, ist damit das dritthäufigste und gut verfügbar – Eisen schafft es dagegen auf nur sechs Prozent. Alu kommt zwar nicht in seiner reinen Form vor, sondern muss hergestellt werden. Dafür ist es langlebig, hat eine hohe Steifigkeit, braucht wenig Wartung und ist feuerbeständig wie auch energieeffizient: Es kann einfallende Sonnenstrahlen reflektieren und dadurch die Erhitzung des Gebäudes von außen begrenzen, und gleichzeitig verhindern, dass innere Wärme entweicht. Gute Gründe, weswegen sich die 1993 gegründete Speira GmbH mit Standorten in Deutschland und Norwegen auf das chemische Element spezialisiert hat. Zu Speira gehört das weltweit größte Aluminiumwalzwerk Alunorf in Neuss und ein Fertigwalzwerk in Grevenbroich. Noch ein Pluspunkt ist die Witterungsbeständigkeit. Weil Alu schnell mit Sauerstoff reagiert, bildet sich eine dünne Schicht Aluminiumoxid, die gegen Korrosion schützt. Durch diverse Oberflächenbehandlungen wie texturieren, pulverbeschichten, bürsten oder eloxieren verschafft Speira den unter dem Markennamen Tectura geführten Giant-Platten ganz unterschiedliche Optiken, was ihren Einsatz in der Architektur vervielfältigt und bereichert. Den Unterschied macht hierbei die Lichtreflexion.
Die vorgefertigten Paneele werden mit einem geringen CO2-Fußabdruck geliefert und sind vollständig recycelbar. Schon in der Beschaffung werden primäre und recycelte Quellen verwendet, insgesamt lässt sich das Material zu 100 Prozent zurückgewinnen. Soviel zu den inneren Werten und zum technischen „Waschzettel“ von Alu. Kommen wir zu den optischen Qualitäten der Tectura-Giant-Platten, denn die wurden bereits bei zahlreichen Großprojekten eingesetzt. Für den Innenhof der Studentenunterkunft des Kelaty House in Wembley, London, wurden Elemente mit eloxiertem Finish verwendet: Aluminiumbleche namens Tectura Alfha1 AQ mit einer Gesamtoberfläche von 6000 Quadratmetern. Sie wirken je nach Tageslicht unterschiedlich, dazu machen stilisierte Baumsilhouetten den Bau reizvoll.
Im Süden Kopenhagens realisierte das dänische Architekturbüro Bjarke Ingels Group (BIG) das Amager Bakke Projekt, eine Müllverbrennungsanlage in einem Industriegebiet mit einer Fassadenfläche von 74.000 Quadratmetern. Fun fact: Von der Spitze des 90 Meter hohen Gebäudes kann man die 1500 Meter langen grünen Ganzjahrespisten hinunterfahren. In Lusail in der Nähe von Doha in Katar verkleideten Foster & Partner die Front des Lusail Plaza Towers mit dreieckigen, seewasserbeständigen Tectura-Platten, wobei sich die Fassade in einem 90-Grad-Winkel um das Gebäude windet. Zum Ensemble zählen insgesamt vier Hochhäuser, die sich symmetrisch um einen Platz gruppieren. 13.000 Bleche wurden dafür nach Katar verschifft.
Zurück nach London, wo sich 5000 bronze- eloxierte, per Laser perforierte Schindeln am Bau von Broadgate 3 innerhalb des Broadgate-Campus ein Stelldichein geben. Auch die Architekten vom Terminal des Flughafens Marrakesch in Marokko setzten auf Platten aus dem Hause Speira. Und weil es bekanntlich erstaunlich viele Architekten gibt, die segeln: Ein weiteres Einsatzgebiet von recyceltem Aluminium ist übrigens der Bootsbau, sowohl im Hobbybereich als auch bei Yachten und Superyachten – so verwendet zum Beispiel der englische Bootsbauer Arken das vielseitige Material für hochmoderne Schiffsmodelle. 


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