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Universum in Pink

Originale US-Midcentury-Bauten von Star-Architekten inspirierten das oscarverdächtige Set-Design der Filmsatire "Barbie" – ein Welterfolg

02.12.2023
von Franziska Horn


Seit dem Filmstart am 21. Juli 2023 spielte der Überraschungs-Sommer-Hit „Barbie“ bereits rund 1,5 Milliarden US-Dollar an den Kinokassen weltweit ein. In nur dreieinhalb Monaten. Mit dieser Summe steht der Streifen an Nummer eins in der 100-jährigen Unternehmensgeschichte der US-Produktionsfirma Warner Brothers. Aktuell nimmt der Film Platz 14 der weltweit erfolgreichsten Filme since ever ein, wird demnächst „Frozen II“ von 13. Stelle verdrängen. Wie hat Barbie das geschafft? Einer der Erfolgsfaktoren ist das gelungene, oscarverdächtige Set-Design rund um das „Barbie Dream House“, ein Puppenhaus, welches die Spielzeugfirma Mattel 1962 als Kinderspielzeug vorstellte. Seine Bewohnerin „Barbie“ war 1959 von Ruth Handeler erfunden worden, übrigens in Anlehnung an die Comicfigur „Bild Lilli“ aus Deutschland. Handler taufte die Puppe nach ihrer Tochter Barbara und gründete mit Ehemann Elliot Handler die Firma Mattel, Mitproduzent des diesjährigen Filmhits.

Ausstattung, Bühnen- und Szenenbild von „Barbie“ stammen von einem bewährten Erfolgsteam : Sarah Greenwood und Katie Spencer. Die Zusammenarbeit der Britinnen wurde mehrfach für einen Oscar nominiert. „Weil die erste Barbie 1959, das erste ,Dreamhouse' 1962 verkauft wurde, haben wir das Set stilistisch in dieser Epoche angesetzt und dabei so genau recherchiert wie einen zeitgetreuen Historienfilm“, erzählt Greenwood und merkt an: “Tatsächlich gehört die Arbeit an ,Barbie' zu den schwierigsten, die wir je übernahmen – auch philosophisch oder intellektuell betrachtet“.

Neben den Beuten zu Barbie's „Dreamhouse“ spielen Ken's „Mojo Dojo Casa House“ und Weird Barbie's „House on the Hill“ eine starke visuelle Rolle im Film. Inspiration zu diesen Filmbauten fanden die beiden Set-Designerinnen in echten Architektur-Ikonen: An modernistischer Mid-Century-Architektur wie an kalifornischen Sixties-Bauten in Palm Springs, zum Beispiel dem 1947 fertg gestellten „Kaufmann House“ von von Richard Neutra. Dieser ließ hier die horizontalen Ebenen des Bungalows über transparente Glaswänden schweben, was den Eindruck von baulicher Leichtigkeit verschafft. Oder am berühmten „Edith Farnsworth House“ in Illinois, Ein Entwurf von Ludwig Mies van der Rohe. Geschaffen aus Glas und Stahl, erlaubt die Hausfassade nahezu uneingeschränkte Blicke in die umgebende Natur. Der Anfang November 2023 erschienene Bildband „Modernist Icons – Midcentury Houses and Interiors“ aus dem Gestalten Verlag illustriert rund 50 dieser bis heute wegweisenden Bauten der Moderne.

Transparent und luftig, so kommt auch Barbie's Villa rüber. In den Warner Brothers Leavesden Studios im Nordwesten von London wurde das Barbieland-Set eins zu eins aufgebaut, nicht per Computergrafik (Computer Generated Imaginery /CGI) erstellt, was eben Plastizität und Wirkung ausmacht. Die Decken wurden niedriger gebaut, die Räume im Maßstab um 23 Prozent kleiner angelegt, um die Proportionen eines Puppenhauses zu vermitteln. Das macht, dass die Schauspieler, zum Beispiel Margot Robbie und Ryan Gosling, größer erscheinen, ihre Räumlichkeiten dagegen wie Spielzeug. So entstand eine surreale Szenerie – und das war der Plan. „Auch Autos und Straßen wurden um 23 Prozent verkleinert“, erzählte Sarah Greenwood der New York Times.

Um den surrealen Effekt zu verstärken, tauchten die Macherinnen das Set in eine Symphonie von Pastelltönen, darunter diverse Nuancen von Rosa. Für dieses allumfassende Pink kaufte man die weltweite Produktion des Herstellers Rosco auf, so dass der Farbton „Fluorescent Pink“ zeitweise als weltweit ausverkauft galt.

Gedreht im grauen englischen Winter, sorgte dieser rosastrahlende Barbie-Bühnenbildtraum für orbitante Gute-Laune-Werte bei der gesamten Filmcrew, heißt es. Und mancher Schauspieler nahm hinterher die eine oder andere Requisite für Zuhause mit.

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