Wer auf einer Kreuzfahrt der Magellanstraße folgt, bekommt das magische Patagonien zu sehen – und eine Ahnung von der Leistung des berühmten Seefahrers Ferdinand Magellan.
V O N
F R A N Z I S K A H O R N
Gut 500 Jahre ist es her, dass der Portugiese
Ferdinand Magellan die Westroute
zu den Gewürzinseln suchte und dabei
zufällig die nach ihm benannte Magellanstraße
entdeckte. Seitdem ist bekannt,
dass die Erde rund ist. Damals
oder heute: Eine Seereise entlang der legendären
Magellanstraße wartet mit erstaunlichen
Naturwundern auf, die sich
seither kaum verändert haben.
Nach einem Stopover in Buenos Aires
landet das Flugzeug in Ushuaia am Beagle-
Kanal in Argentinien. „Ende der Welt“
nennt sich der 57 000-Einwohner-Ort,
zum Südpol sind es noch rund 4000 Kilometer.
Historische Antarktis-Entdecker
wie Ernest Shackleton, dessen 1915 gesunkenes
Schiff „Endurance“ erst vor wenigen
Tagen im Südpolarmeer entdeckt
wurde, starteten hier ihre Expeditionen.
Heute sind es Touristen, die von dieser
letzten Bastion der Zivilisation in See
stechen. 130 Gäste hat die 89 Meter lange
„Stella Australis“ an Bord, sie stammen
aus 18 Nationen. Alle wollen die abgelegenen
Fjorde, Inseln und Wasserstraßen
zwischen Ushuaia und Punta Arenas entdecken,
mit Ausflügen und Wanderungen
ins archaische Herz von Feuerland.
Maximal 210 Passagiere haben in den
Kabinen des Expeditionsschiffs Platz. Vor
den Panoramafenstern ziehen Wellen
vorbei, stürzen sich Gletscher ins Meer,
sprießen grüne Urwälder über stillen Lagunen.
Der Kreuzer nähert sich den Hornos-
Insel mit dem sagenumwitterten
Kap Hoorn. Den stürmischen Winden
trotzend entscheidet Kapitän César Vargas,
dass die Passagiere anlanden dürfen.
Also rein in die Schwimmwesten, runter
ins Heck, hinein ins Zodiac, ein knallrotes
Gummiboot. Bei Wellengang und
35 Knoten Wind, rund 65 Kilometer pro
Stunde, setzt es über. Dann die regennassen,
glitschigen Holzstufen am steilen
Ufer hinauf zum berühmten Albatros-
Denkmal. Kameras klicken im Stakkato,
sie halten diesen Einmal-im-Leben-
Moment für immer fest.
Der Wind legt zu, geduckt huschen die
Besucher zum Leuchtturm mit der Stella-
Maris-Kapelle. Mit Ehrfurcht, denn vor
Kap Hoorn liegen 800 Wracks unter Wasser,
10 000 Menschen starben dabei. Tag für Tag halten die Zodiacs nun auf
blaugrün leuchtende Gletscher zu, fahren
in stille Fjorde wie in die einst von
Ureinwohnern bewohnte Wulaia-Bucht.
Sie wandern auf versteckten Pfaden
und schauen auf gleißende Eismassen
mit klingenden Namen wie Pia- oder Garibaldi-
Gletscher. Kein Mensch weit und
breit. Vom Beagle-Kanal führt die Route
westwärts durch die Magellanstraße nach Punta Arenas auf chilenischem Gebiet.
Kurz vorher begegnen die Kreuzfahrer
doch noch einem Haufen Einheimischer:
Ein letztes Mal schwärmen die Zodiacs
aus, preschen zu den flachen Stränden
der Magdalena-Insel. Ihre Bewohner
sind schon von Weitem zu hören: Wie
ein Konzert überlauter Vuvuzela-Tröten
dringen die Rufe der Magellanpinguine
über die Insel. Auf einem zum Schutz der
Tiere abgesteckten Parcours ziehen die
Menschen eine Stunde lang über das Eiland
und können sich an all dem Schnattern,
Fiepen, Brüllen nicht satthören.
Hunderte der schwarzbefrackten Vögel
planschen in den Wellen, buddeln in
Erdlöchern oder lassen sich die Sonne
satt auf den Rücken scheinen. Bei dieser
traulichen Begegnung wird nicht ganz
klar, wer hier eigentlich wen observiert:
die Schlange Goretex tragender Fremdlinge
die Schar der putzmunteren Einwohner
– oder umgekehrt?
Den Kopf voller Impressionen und
mit ebenso vollen Speicherkarten gehen
die Passagiere in Punta Arenas von Bord.
Manche widmen die letzten Momente
der Seereise dem famosen Entdecker der
Route. Oder, besser gesagt, Magellans
hölzernem Gefährt, dem Schiff der Schiffe.
Denn eine originalgetreue Replik der
stolzen „Victoria“ ist der Star des heimischen
Freilichtmuseums Museo Nao Victoria.
Die Karavelle misst 27 mal sieben
Meter. Im Vergleich zum Expeditionskreuzer
„Stella“ eine Nussschale, mit der
der Portugiese über alle Meere schipperte,
auf seiner Fahrt ins Ungewisse.
PATAGONIEN
Expeditionskreuzfahrt
Die Schiffe „Stella Australis“ (Baujahr
2010) und „Ventus Australis“ (Baujahr
2017) gehören der chilenischen Familienreederei
Australis aus Punta Arenas,
die als einzige Gesellschaft Expeditionskreuzfahrten
durch die Inselwelt Patagoniens
anbieten darf. An Bord und auf den
Exkursionen in die geschützten Nationalparks
gelten hohe ökologische Standards.
Jedes Schiff hat Platz für maximal
210 Passagiere.
Tägliche Ausflüge per Zodiac führen in
die Natur rund um die Magellanstraße.
Es gibt Wanderungen und Vorträge. Preis
ab 2383 Euro pro Person für 5 Tage inklusive
aller Aktivitäten, Mahlzeiten und
Getränke. www.australis.com/eu/de/
routen/gletscher-ende-der-welt
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