Die "Nation's Gun Show" im US-Bundesstaat Virginia ist eine Waffenmesse für die ganze Familie. Schon die Kleinsten sollen hier lernen, mit Jagdmessern und Pistolen umzugehen - auch zum Schutz vor sich selbst.
Täuschend echt sieht die schwarze Pistole aus, mit der die Siebenjährige im rosa Kleid und mit Schleife im Haar auf die Leinwand zielt. Darauf läuft ein Trainingsvideo: Eichhörnchen klettern Bäume auf und ab. Je mehr Tiere sie erschießt - und ja, es spritzt Blut - desto mehr Punkte gibt es.
Es ist eine der vielen Stationen auf der "Nation's Gun Show" in Chantilly im US-Bundesstaat Virginia. In zwei Messehallen stapelt sich Munition in eckigen Schachteln. Sturmgewehre liegen aufgereiht neben angestrahlten Jagdmessern, Wasserpistolen neben antiken Handgranaten. Und für die Kleinsten gibt es virtuelles Schießtraining mit Eichhörnchen.
Frühes Training soll Unfälle verhindernDie Oma der Siebenjährigen, Patricia Renier, findet das frühe Heranführen an Waffen wichtig: Wenn man Kindern den sicheren Umgang mit Waffen beibringe, sagt Renier, passierten weniger Unfälle. Ihre Familie wolle sich hier eine Pistole kaufen, um sich in ihrem entlegenen Haus zu beschützen. Paradoxerweise heißt das auch, dass ihre Enkelkinder nun vor der Pistole geschützt werden müssen - mit Waffentraining.
Der 13-jährige Zack Marshall erzählt einen Gang weiter, was er bei seinem Training gelernt hat. Seit er fünf Jahre alt ist, nimmt der Vater ihn mit zum Schießstand. "Berühre niemals eine Waffe, es sei denn das Magazin ist leer", sagt Zack. "Drücke niemals den Abzug oder richte die Waffe gegen eine Person."
Auf der "Nation's Gun Show" in Chantilly sollen auch Kinder und Jugendliche den Umgang mit Waffen lernen. (Archivbild: Juli 2012)
Bunte Elektroschocker, Sturmgewehre im BastelkastenAn einem Stand daneben sind Schlagstöcke drapiert - schwarz für den Herrn, pink für die Dame. Daneben liegen, fein säuberlich auf ihren Schachteln drapiert, Elektroschocker. Sie sind pink, lila mit Blümchen oder schwarz-weiß gestreift - und ein Schnäppchen: Nur 25 Dollar das Stück, steht auf den schrillen Preisschildern. Gerade Frauen bleiben stehen und probieren die lauten Geräte aus - aber auch zwei Jungs spielen damit, sieben und neun Jahre alt. Alles eine Frage des Trainings, sagt deren Mutter Nicole Finley: "Wir bringen den Kindern sicheren Umgang bei. Nichts Böses."
In den Messehallen ist es mittlerweile voll geworden. Es ist ein bisschen wie auf dem Jahrmarkt, der Geruch von Popcorn und Hotdogs hängt in der Luft. Grüppchen teilen sich zu Workshops auf: So kann man etwa aus einem Bastelkasten sein eigenes, voll funktionstüchtiges Sturmgewehr zusammenschrauben.
Auch Katie und ihr Vater schlendern durch die Gänge, nehmen hier mal eine Pistole hoch und wiegen sie in der Hand, dort begutachten sie ein Bauteil. Dabei freut sich Katie vor allem auf eines: Sie spiele gerne mit den Messern hier, erklärt ihr Vater. Und die ziehen alle Blicke auf sich: Es sind Jagdmesser mit bunten Griffen, verziert mit Superhelden, der amerikanischen Flagge oder Totenköpfen.
Waffen gegen "Chaos" und den StaatDen meisten Familien hier geht es um das Jagen, die Sicherheit und den Spaß. Manche Eltern sagen aber auch: Ihre Kinder müssen lernen, sich selbst zu verteidigen, weil der Staat es nicht kann oder will. Das denkt auch Mike, Vater einer 12-Jährigen: "Die Vereinigten Staaten sind totales Chaos. Und wir glauben nicht, dass unsere Regierung daran etwas ändern wird. Deshalb wird sie lernen, sich selbst zu verteidigen."
Chaos und zu viel Gewalt, das hört man unter diesen Eltern immer wieder. Und so ist die Waffe für sie auch ein uramerikanisches Symbol: Für Freiheit und Freiheit vom Staat. Eine große Aufgabe für die 12-Jährige. Doch solange sie ein Sicherheitstraining absolviert habe, sagt Vater Mike, sei doch alles in Ordnung.