Wer Jerusalem hört, denkt zunächst an die vielen betenden Juden an der Klagemauer oder kennt die goldene Kuppel des Felsendoms von Fotos. Doch was macht diese Stadt so besonders? Warum wird sie auch als die verrückteste Stadt der Welt von vielen Israelis genannt? Fakt ist, die Heiligtümer von Juden, Christen und Muslime sind in Jerusalem nur wenige Minuten Fußmarsch von einander entfernt.
Als wir in Jerusalem morgens ankamen, sind wir zunächst zu Fuß in die historische Altstadt gegangen um sie zu erkunden. In Jerusalem - der mystischen Stadt - leben neben Juden auch Christen und Muslime und man hat das Gefühl die Kirchenglocken läuten scheinbar um die Wette. Gleichzeitig prägen hier die Gebetsaufrufe des Muezzin und viele orthodoxe Juden das Stadtbild. Einer der heiligsten Orte der Christen ist zurecht die faszinierende Grabeskirche von Jesus. Hier soll Jesus gekreuzigt worden sein (Karfreitag) und deshalb wird hier sein Grab verehrt und der Auferstehung (Ostermontag) gedacht. Die Grabeskirche besteht aus einer Ansammlung von Kirchen aus sechs verschiedenen Konfessionen, diversen Kapellen, Grotten und Nischen.
Neben der Grabeskirche befinden sich auch der Felsendom, die Al-Aqsa-Moschee sowie die Klagemauer zentral in der Altstadt. Es lohnt sich durch die vielen, kleinen Gassen auf dem Basar zu laufen, vorbei an zahlreichen Gewürzständen, Teppichen und Lederwaren. Der Duft von frisch gebrühten, arabischen Kaffee liegt hier in der Luft. Natürlich haben wir auch die berühmte Klagemauer aufgesucht. Das größte Heiligtum des Judenstums ist 48 m lang und 18 m hoch. Wenn man vor dieser riesigen Mauer steht und links die Männer und rechts die Frauen beten sieht, vergisst man plötzlich den ganzen Trubel um sich herum. Keine Frage, Jerusalem ist eine schöne aber dennoch umstrittene Stadt für die es sich aber lohnt mehr Zeit einzuplanen, wenn man die Möglichkeit dazu hat.
Zum Mittagessen haben wir uns mit Gad Lior , dem Chefredakteur der größten israelischen Tageszeitung Jediot Achronot in einem koscheren Restaurant im Stadtzentrum von Jerusalem getroffen. Seine Tageszeitung gehört mit 400.000 Exemplaren pro Tag zu der erfolgreichsten und auflagenstärksten Tageszeitung in ganz Israel. Am Nachmittag sind wir noch zur größten Holocaust-Gedenkstätte und Museum Yad Vashem in Jerusalem gefahren, bevor es danach zurück nach Haifa ging.
Ich muss gestehen, als ich das erste Mal das Programm der umfangreichen Pressereise sah und ich zunächst "nur" die Orte Tel Aviv, Haifa und Jerusalem las, war ich zunächst schon etwas enttäuscht. "Der Ort der Orte in Israel" - Bethlehem stand leider nicht auf dem Programm. Während der ersten Tage wurde mein Wunsch nach Bethlehem zu fahren dann immer größer und als auch noch zwei andere Journalisten spontan sagten, dass wir es doch zusammen machen könnten, suchte ich sofort in dem eng gesteckten Programm nach einer Möglichkeit. Wie heißt es so schön? "Wer etwas wirklich will findet Wege, wer etwas nicht will, nur Gründe." Und den Weg bzw. die einzige Möglichkeit gab es für uns theoretisch von Montag zu Dienstag. Nach Tel Aviv könnten wir nach Bethlehem fahren, anstatt zurück nach Haifa. Gesagt, getan! Ich suchte schnell nach einem passenden Hotel in Bethlehem und buchte noch am selben Abend kurzerhand das Zimmer für uns drei Mädels. Schlussendlich waren wir dann sogar zu 6 in Bethlehem, weil plötzlich auch die anderen unsere Bethlehem-Idee ganz toll fanden und sich uns anschließen wollten.
Wir kamen Montag Nachmittag in Bethlehem an. Wer hätte gedacht, ohne sich politisch oder historisch begründet damit auszukennen, dass Bethlehem laut Reiseführer zum palästinensischen und nicht mehr israelischen Gebiet zählt? Laut Reiseführer soll man demnach auch an den Grenzübergängen extrem kontrolliert werden und von stundenlangen Warten ist da die Rede. Doch die Realität sah ganz anders aus. Als wir mit unserem Minibus über die Grenze nach Palästina fuhren, wurden wir zum Glück nicht kontrolliert und mussten auch nicht lange warten.
Doch was macht Bethlehem so besonders? Ist es "nur" die Tatsache, dass Jesus Christus vor über 2000 Jahren hier geboren sein soll? Dieser Ort in Palästina liegt in den Bergen unterhalb des Mount Zion und wirkt vielleicht auf den ersten Blick als Stadt etwas unscheinbar. Die Strasse führt einen an Har Homa vorbei, einer der umstrittenen neuen jüdischen Siedlungen im palästinensischen Gebiet.
Das Einzige was einem sofort auffällt ist die Präsenz der Polizei und teilweise auch der Armee in den Straßen. Teilweise waren deshalb ganze Strassen gesperrt und das wirkte zunächst etwas befremdlich. Doch spätestens wenn man das schnucklige Hotel mit dem passenden Namen "Holy Family" betritt und man sehr zuvorkommend und gastfreundlich empfangen wird, sein wunderschönes Zimmer im siebten Stock mit Blick auf die Kirche und die Stadt bekommen hat, hat man alle unnötigen Sorgen längst vergessen.
Als ich wenig später auf dem Krippenplatz (Manger Square) stand, wo links die wunderschöne Geburtskirche von Jesus stand und rechts der grell, mit Neonfarben beleuchtete Weihnachtsbaum und aus den Lautsprechern "Last Christmas" von Wham! lief, war ich kurzzeitig irritiert, WO ich jetzt eigentlich war. In Gedanken malt man sich vielleicht Orte anders aus? Vor allem wenn man sie aus den traditionellen Geschichtsbüchern oder dem Religionsunterricht in der Schule anders in Erinnerung hatte. Und ich muss gestehen, in meiner Bethlehem Vorstellung gab es da nur einen klassisch geschmückten Weihnachts-baum mit echten Kerzen vor der Kirche, aber keine amerikanische, kitschige Weihnachtsdeko oder fetzige Weihnachtsmusik. Aber okay, wir haben immerhin das Jahr 2013 und vielleicht war ich da einfach zu konservativ diesbezüglich eingestellt? Oder idealistisch? Wie auch immer: Das Wichtigste war für mich der Besuch dieser ganz besonderen Kirche. Keine 10 Minuten später stand ich schon in der Kirche und war doch verwundert, wie viele orthodoxe Gläubige (vor allem aus Russland) sich konzentriert auf einem kleinen Fleck aufhielten. Bethlehem besteht nicht nur aus christlichen geprägten Bauten, sondern aus der historischen Altstadt, dem Peace Center, einer syrisch-orthodoxen Kirche und der Omar Moschee.
Die Geburtskirche zählt heute zu den ältesten und erhaltenen Kirchen weltweit. Neben der Geburtskirche befindet sich noch die von den Franziskanern errichtete Katharinenkirche, die man durch einen kleinen Kreuzgang erreicht. In der nur 40 Quadratmeter großen Grotte unter der Geburtskirche befindet sich, versteckt unter dem Altar, der offizielle Ort, wo Maria ihren Sohn Jesus geboren haben soll. Dieser Ort wird natürlich im höchsten Maße verehrt.
Dienstag früh klingelte deshalb auch schon um 6.30 Uhr mein Wecker. Ich wollte unbedingt noch die einmalige Möglichkeit nutzen und einmal zu dem Gottesdienst / Messe in die beeindruckende Geburtskirche in Bethlehem gehen. Wann hat man schon diese Chance im Leben?
Der Besuch von Bethlehem, von diesem heiligen Ort und des gesamten Kirchengebäudes war wirklich bewegend und emotional und garantiert das Highlight meiner Israelreise (auch wenn Bethlehem in Palästina liegt).