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Davis Cup: Der spanische Patient

Man stelle sich vor, das spanische Davis Cup-Team steigt nach gefühlten Generationen aus der Weltgruppe ab. Eine ähnliche Schmach könnte den Iberern nur ein Ausscheiden der spanischen Fußballnationalmannschaft in der Vorrunde einer Weltmeisterschaft bereiten. In diesem Sommer geschah beides.

Besonders die Tennisnation Spanien trägt seit der 1:3-Pleite in der Relegation am vergangenen Wochenende gegen Brasilien Trauer. Zum ersten Mal seit 28 Jahren werden die Filzball-Matadoren von der Halbinsel im nächsten Jahr nicht um den wichtigsten Nationen-Pokal im Tennis weiteifern. Am heutigen Donnerstag trat Teamchef Carlos Moya zurück. Wie konnte es soweit kommen?

Oberflächlich betrachtet verfügt Spanien über eine der drei bis vier besten Auswahlen im derzeitigen Tennissport. Mit Rafael Nadal (Rang 2), David Ferrer (Rang 5), Roberto Bautista Agut (Rang 15) und Feliciano Lopez (Rang 20) könnte der fünfmalige Davis Cup-Champion in jedem der vier Einzel einer Davis Cup-Partie einen anderen Top 20-Spieler antreten lassen. Wenn sich denn alle Akteure zur Verfügung stellen. Genau hier liegt für viele Spanier das Problem und der Grund für das Scheitern. "Zwischen Absagen und Verletzungen wurde ein Desaster zusammengebraut.", schrieb die spanische Sportzeitung AS und trifft damit den Grundtenor in den einheimischen Medien. Spieler wie Ferrer und Lopez, die wegen vermeintlicher Überbelastung für die Relegation absagten, seien die Wurzel allen Übels.

Teamchef Moya formuliert seine Ansichten weniger drastisch, zeigt jedoch unmissverständlich, dass die Gegebenheiten seine Arbeit maßgeblich erschwert hätten. „Von all den anderen Top-100-Spielern konnte ich wegen Verletzungen oder fehlender Motivation nur auf Marcel Granollers und Roberto Bautista zählen", sagte er nach der Niederlage. Neben all der Schelte für die nicht angetretenen Weltklassespieler muss dennoch auch der ganze Leidensweg der Spanier hinaus aus der Weltgruppe berücksichtigt werden.

Beim Erstrundenduell gegen Deutschland verloren Moya und sein Team mit Lopez, Bautista Agut und dem verdienten Verdasco trotzdem klar mit 4:1. Spaniens einziger Punkt rührte damals von einem Walkover Philipp Kohlschreibers. Auch damals fehlten Ferrer (Müdigkeit) und Nadal (Viertelfinale Australian Open) und damit Spaniens absolute Trümpfe.

Angesichts des noch dünner besetzten Teams am vergangenen Wochenende, ist festzustellen, dass der Super-GAU, wie er nun zu Buche steht, schon im Winter gegen Deutschland hätte abgewendet werden können. Die Spieler dafür hatte man zur Verfügung.

Gegen Brasilien war es nun mit Roberto Bautista Agut sogar Spaniens Bestplatzierter, der das entscheidende Duell am letzten Sonntag gegen Thomasz Bellucci in vier Sätzen verlor und die historische Pleite besiegelte. Unter den gegebenen Umständen wirkt es wie Sarkasmus.

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