Willkommenskultur? Abschiebeoffensive? Die Ausländerbehörden agieren am Limit. Ein Besuch in Goslar, wo der Wille auf die Wirklichkeit prallt.
Jonas Voß sitzt an seinem Schreibtisch und geht durch die Mails der Woche, er dreht am Rädchen seiner Computermaus, die Ärmel seines weißen Hemds hat er hochgekrempelt, er lässt das Rädchen der Maus nach unten ratschen. Und noch einmal: ratsch. Dutzende Nachrichten rauschen über seinen Bildschirm, Dutzende Menschen, Dutzende Schicksale – an diesem kalten Wintertag wird er über neun von ihnen entscheiden.
Voß, 27, ist Sachbearbeiter in der Ausländerbehörde von Goslar, 50.000 Einwohner, 1000-jährige Kaiserstadt, doch Voß’ Büro wirkt alles andere als herrschaftlich: grauer Teppich, weiße Wände und ein Stuhl neben dem Schreibtisch, auf dem etwa alle 20 Minuten ein neuer Mensch, ein neues Schicksal, sie sagen hier: ein neuer Kunde, Platz nimmt. „Ich weiß, dass ich nicht den beliebtesten Job der Nation mache“, sagt Voß. Eine Frau betritt sein Zimmer. Sie kommt aus China, hat ihr Studium hier abgeschlossen und will in Deutschland bleiben. Darf sie?
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