16 subscriptions and 0 subscribers
Article

Coronavirus: Theater nähen Atemmasken - ein Ankleider erzählt - DER SPIEGEL - Job & Karriere

Weil der Bedarf so groß ist, nähen auch immer mehr Theater im Land Masken statt Kostüme. Stephan Killian, 36, seit zwölf Jahren Ankleider am Theater Bielefeld, erzählt, wie er auf die Idee kam, sich an die Nähmaschine zu setzen."Mein Job ist es, die Schauspieler in den finalen Proben und während der Vorstellung anzukleiden. Außerdem richte ich die Garderoben her und kümmere mich darum, dass beim Kostümwechsel alles reibungslos klappt. Nach der Vorstellung wasche und bügele ich die Kostüme. Gerade brechen all diese Dinge weg.

Bis Ende April sind wegen des Coronavirus unsere Vorstellungen ausgesetzt, momentan auch die Proben. Nicht nur für uns Ankleider, auch für den Rest der Kostümabteilung gibt es daher kaum Arbeit. Vor einigen Wochen habe ich auf Instagram ein Schnittmuster für Atemmasken gesehen. Gemeinsam mit meiner Kollegin kam ich auf die Idee, während unserer Arbeitszeit Behelfsmasken zu nähen. Unser Chef war begeistert von der Idee.

Die Masken sind waschbar und nachhaltig

Insgesamt nähen nun 27 Mitarbeiter. Einige im Theater, andere, wie ich, zu Hause. Ich habe eine Ausbildung als Bekleidungstechnischer Assistent gemacht und bin an der Nähmaschine geübt. Im Netz hatte ich ein Schnittmuster der Stadt Essen gefunden. Es dient uns als Vorlage für die Atemmasken. Einige Arbeitsschritte haben wir verändert, um schneller produzieren zu können. Die Materialien bekommen wir vom Theater gestellt. Für die Masken verwende ich einen dünnen Baumwollstoff. Das Mundstück lege ich in Falten. Um es zu fixieren, nutze ich Schrägband, damit es hinter dem Kopf zusammengeknotet werden kann. Am oberen Teil des Mund- und Nasenstückes wird ein Draht oder Alu-Plättchen eingenäht, damit die Nasenform angepasst werden kann. Zu dick darf der Stoff allerdings nicht sein - man muss ja ohne Probleme atmen können.

Ich bin froh, dass ich meine 39 Arbeitsstunden in der Woche nun mit so einer guten Sache verbringen darf. Am Tag schaffe ich so etwa 20 Masken. Weiße, blaue, naturfarbene. Im Team kommen wir so in der Woche auf etwa 1000 Stück. Das ist toll. Viele Menschen sind gerade darauf angewiesen: Mitarbeiter im Krankenhaus oder beim Ordnungsamt - da möchte man helfen. Auch in meinem privaten Umfeld habe ich zuvor schon Masken genäht. Die Schwiegereltern freuen sich darüber, damit geschützter an die Luft gehen zu können. Auch Freunde, die als Bäcker oder Physiotherapeut arbeiten.

Die fertigen Masken übergeben wir der Feuerwehr. Die verteilt sie dann an städtische Einrichtungen. Wir nähen Masken für den Alltag. Sie sind waschbar und nachhaltig. Wäre ich Arzt, würde ich damit jedoch keine Menschen operieren.

Wie lange wir weiter Masken machen, hängt davon ab, wann unser Spielbetrieb weitergeht. Jetzt haben wir aber erst mal eine Aufgabe, mit der wir mehr als genug zu tun haben."

Original