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Mit dem Helm ins Bett

In Pyeongchang holte Dominik Kahun die Silbermedaille. Die wenigsten wissen: Der deutsche Eishockey-Star spielte als Junge drei Jahre lang für den 1. EV Weiden.

In Dominik Kahuns Kinderzimmer in Mantel hing ein riesiges Poster. Darauf zu sehen: der russische Eishockey-Star Ilja Kowaltschuk. "Er war Dominiks großes Idol", erinnert sich Kahuns Stiefvater Hubert Böhm. Am Sonntag blinkte Böhms Handy. Sein Sohn hatte ihm ein Bild geschickt. Es zeigt Kahun. Neben ihm steht Kowaltschuk. Aufgenommen wurde es nach dem Olympia-Endspiel, das die deutsche Nationalmannschaft unglücklich verlor. Zwar muss sich Kahun nun mit der Silbermedaille begnügen. Seinem Kindheitshelden ist er dafür ganz nahe gekommen.
Damals, vor 17 Jahren, hatte Kahun gerade seine tschechische Heimat verlassen. Er war in Marienbad aufgewachsen, seine Eltern Lenka und Pavel hatten sich scheiden lassen. Lenka lernte bald darauf den Weidener Hubert Böhm kennen und zog zusammen mit Söhnchen Dominik in die Oberpfalz. Der damals Fünfjährige hatte mit seinem leiblichen Vater schon erste Erfahrungen auf dem Eis gesammelt. 2001 durfte er für die Kleinstschüler des EV Weiden antreten. In der Altersklasse U 10 zeigte Kahun zum ersten Mal sein Können. Der heutige Vorsitzende des EV, Thomas Siller, hat den jungen Burschen noch genau vor Augen. "Man hat das in jedem Spiel gesehen", berichtet er. "Wenn die anderen auf dem Eis rumgestolpert sind, sich kaum auf den Schlittschuhen halten konnten und den Schläger nur brauchten, um nicht umzufallen", habe Kahun schon überragt. "Er hat Sachen gemacht im Stile eines echten Könners. Er wusste, wie es geht." Trotzdem sei Kahun nie überheblich aufgetreten. "Er war ein ganz ruhiger, bescheidener Bub", erinnert sich EV-Teammanager Christian Meiler.
Es dauerte nicht lange, bis Dominik den Schlittschuhen seiner Altersklasse nicht nur körperlich entwachsen war. Weiter ging es für ihn in der U 12 der Weidener, bei den Kleinschülern. Auch dort brachte er seine Fähigkeiten aufs Eis und durfte häufig schon bei der U 14 mitspielen. In den meisten Spielen traf er zweistellig ins Tor. "Wir haben Spiele zum Teil mit 20:0 gewonnen", so Siller. "Dann hatte Dominik sicher 17, 18 Stück geschossen." Parallel spielte Kahun auch Fußball beim VfB Mantel. "Er war auch da sehr gut", erzählt Siller. Die Liebe zum Eishockey schien aber stärker zu sein. "In Tschechien hat Eishockey einen viel höheren Stellenwert als bei uns" weiß Hubert Böhm. Manchmal sei Dominik sogar mit dem Helm ins Bett gegangen, so tief war seine Begeisterung verwurzelt.
In Anbetracht der Extraklasse und Überlegenheit Kahuns verwundert es nicht, dass sich die Eltern eine optimale Förderung für den Sohnemann wünschten. "Weiden reichte irgendwann einfach nicht mehr aus", so Siller. Man lerne schließlich wenig dazu, wenn man seine Gegner reihenweise umkurvt. Kahun wagte den nächsten Schritt. Er landete im Eishockey-Internat in Mannheim, reifte dort zum Profi. Mittlerweile ist er beim EHC München Stammspieler und gilt als eines der größten deutschen Talente. Sein Ziel, die nordamerikanische NHL, rückt nach dem Leistungen bei Olympia näher.
Beim EV sind sie überzeugt, dass Kahun diesen Schritt schafft. "Er bringt alles mit, was man braucht, deshalb steht er auf vielen Zetteln in den USA weit oben", glaubt Meiler. Seine alte Heimat hat das Talent dennoch nicht vergessen. Wenn der 22-Jährige seine Eltern in der Oberpfalz besucht, sei er immer sehr interessiert, "wie es gerade bei den Blue Devils läuft", sagt sein Stiefvater. Mittlerweile lebt die Familie in Regensburg, doch noch heuer könnte der Ausnahmesportler in die Nordoberpfalz zurückkehren. Er möchte an einer Diskussionsrunde mit dem VfB Mantel teilnehmen. Auch die Blue Devils seien dazu eingeladen. Wer weiß, vielleicht haben einige aus dem Eishockey-Nachwuchs dann auch ein Poster im Kinderzimmer hängen. Eines, das den Silbermedaillen-Gewinner Dominik Kahun zeigt.


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