Dieses Buch entzieht sich allen Genres. Paul Kalanithis „Bevor ich
jetzt gehe“ ist Autobiografie, Entwicklungsroman und Bewusstseinsessay
zugleich. Vor allem aber ist es eine eindringliche Meditation über den
Tod von einem Autor, der sich die Illusionen über die Sterblichkeit
systematisch ausgetrieben hat.
An Eliteuniversitäten sowohl in Literatur als auch Medizin ausgebildet,
befindet sich Kalanithi am Ende seiner Assistenzzeit als Neurochirurg –
und bekommt plötzlich die Diagnose Lungenkrebs. Erst nachdem er uns
seine Profession und all seine existenziellen Erfahrungen dargelegt hat,
wechselt er die Seite und schreibt seinem eigenen Lebensende entgegen.
Die ungewöhnliche Spannung, die dem Text eingeschrieben ist, bezieht
ihre Kraft aber nicht aus der literarischen Darstellung Kalanithis,
sondern aus der Wahrhaftigkeit seiner Erfahrungen und Empfindungen. Ein
Buch von seltener Intensität.
FALTER 43/2016 vom 28.10.2016 (S. 31)
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