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Feature

Abseits von Stress und Partymodus

Er gilt als größtes Skigebiet von Österreich. Und doch ist er in sich geschlossen wie kein anderer. Für viele Gäste von weit her ist er immer eine Reise wert. Für viele Einheimische bildet er eine Lebensquelle. Was Menschen von nah und fern eint, ist die unendliche Faszination für einen der schönsten Naturschauplätze, die Österreich zu bieten hat. Der Arlberg – die Wiege des alpinen Skilaufs.

Es ist vier Uhr morgens in Lech am Arlberg. Der Mond ist nicht zu sehen, eine Stille liegt in der Luft. Einzig in der Ferne erblicken Frühaufsteher immer wieder einzelne Lichtkegel, die sich bewegen. Je näher sie ihnen kommen, desto größer werden sie. Auch die Luft wird immer dünner und die Umgebung immer greller. Noch ein kleiner Schritt über den Hügel, dann ist es geschafft. Oben angekommen traut man buchstäblich seinen Augen nicht. Dutzende Pistenraupen, die den Lecher Schlegelkopf flankieren. Es wirkt wie ein riesiges Stadion gefüllt mit unzähligen Scheinwerfern. Man steht gespannt da und beobachtet das Geschehen aus nächster Nähe. Die Pistenraupen sind bereits seit mehreren Stunden unterwegs, um die Pisten für den kommenden Tag zu präparieren. Es ist der erste Weihnachtsfeiertag – die Erwartungen sind hoch.

Riesenauswahl an Pisten

Der Arlberg liegt an der Grenze von Vorarlberg zu Tirol. Mit 305 Pistenkilometern ist „Ski Arlberg“ das größte, zusammenhängende Skigebiet Österreichs. Es umfasst die Orte Klösterle, Lech, Oberlech, Schröcken, St. Anton am Arlberg, St. Christoph am Arlberg, Stuben, Warth, Zürs und Zug. Seit Fertigstellung der „Flexenbahn“ in der Saison 2016/17, sind all diese Orte miteinander verbunden und auf Skiern erreichbar. Neben der Vielzahl an präparierten Pisten, bietet einem der Arlberg auch mehr als 200 Kilometer an unpräparierten Geländevarianten.

Inbegriff der Ruhe

Am Arlberg steht das Skifahren an erster Stelle. Nicht umsonst wird der Arlberg auch als „Wiege des alpinen Skilaufs“ bezeichnet. Mit seinen unendlich weiten Tiefschneehängen und anspruchsvollen Bergtouren ist er jedes Jahr Ziel vieler Skiliebhaber. Natürlich findet auch am Arlberg Après Ski und Hüttengaudi statt. Das „Krazy Kanguruh“ in St. Anton am Arlberg – betrieben vom ehemaligen Skistar Mario Matt – zieht jedes Jahr viele Partygäste in seinen Bann. Das Besondere an der Bar ist seine Lage. Sie liegt direkt am Zielhang von St. Anton und ist mit Skiern leicht erreichbar. Am Tag werden Germknödel verzehrt, am Abend steppt dann der Bär. Obwohl es viele solcher Party Locations gibt, ist der Arlberg aber für viele Einheimische und Gäste auch ein Ort zum Runterkommen. Ein Ort zum Krafttanken. Ein Ort abseits von Stress und Partymodus. Kennt man Orte wie Ischgl und Kitzbühel vor allem fürs Feiern, gilt das für den Arlberg weniger. Für viele ist er Inbegriff der Ruhe inmitten der unendlichen weißen Weiten der Alpen.

Ski Weltcup macht Halt

Auch der alpine Ski Weltcup findet heuer wieder am Arlberg statt. Die Skigemeinden Lech-Zürs veranstalten am 13. und 14. November zwei Parallelbewerbe.  Im Vorjahr mussten die Bewerbe aufgrund der strengen Corona-Auflagen ohne Zuschauer über die Bühne gehen. Dieses Jahr dürfen mehrere tausend Zuschauer das Event besuchen. Der alpine Ski Weltcup wurde bereits 1928 erstmals in St. Anton am Arlberg ausgetragen. Seitdem finden dort alle paar Jahre Weltcup-Rennen statt. 2001 war St. Anton a. A. Austräger der alpinen Ski-Weltmeisterschaften. Den Medaillenspiegel entschied damals Österreich mit insgesamt elf Mal Edelmetall klar für sich.

Prominenz in Lech

Alle Jahre wieder kehrt die heimische Politikszene am Arlberg ein. Von Altbundeskanzlern Wolfgang Schüssel und Werner Faymann bis hin zu Immobilientycoon René Benko trifft man hier jedes Jahr auf die österreichische High-Society. Auch aus dem Ausland statten viele Gäste dem Arlberg immer wieder einen Besuch ab. Die ehemalige niederländische Königin Beatrix ist jedes Jahr Stammgast im Luxushotel „Gasthof Post“ in Lech.

Knapp unter 3.000 Meter

Die höchste Erhebung des Arlbergs ist der Gipfel der Valluga in St. Anton am Arlberg. Mit ihren 2.811 Metern Höhe über dem Meeresspiegel ist sie nur mit der Vallugabahn II erreichbar. Ohne ausgebildeten Bergführer darf die Bahn jedoch nicht benutzt werden. Wer auf den Gipfel will, muss daher einen Bergführer engagieren. Für diejenigen, die es auf den Gipfel schaffen, bietet sich ein Panoramablick auf das gesamte Skigebiet Arlberg. Diejenigen, die auch ihre Skier dabeihaben, erwarten herausfordernde Abfahrten und meterhohe Tiefschneehänge.

Skispektakel am Ende der Saison

Am letzten Skitag der Saison wird es jedes Jahr noch einmal spannend. Um Punkt 17 Uhr begeben sich Skifahrer, Snowboarder oder Telemarker zur Vallugagratbahn, der letzten Bergstation unterhalb des Gipfels. Sie alle nehmen am „weissen Rausch“ teil – einem alljährlichen Kultskirennen in St. Anton am Arlberg. Es ist ein Rennen auf unpräparierter Piste unter teils schon frühlingshaften Bedingungen am Ende einer langen Saison. Alle Teilnehmer starten gleichzeitig bei einem riesigen Massenstart. Das Ziel ist die Talstation St. Anton am Arlberg. Torstangen oder Parcours gibt es dabei nicht zu beachten. Es zählt einzig und allein, wer am schnellsten die neun Kilometer lange Abfahrt bewältigt. Die Rekordzeit hält seit 2011 Paul Schwarzacher mit acht Minuten und 14 Sekunden. Für Zuschauer hat das Event auch einiges zu bieten. Jedes Jahr kann man dort viele schrill gekleidete Teilnehmer beobachten, die erst nach einer halben Stunde gelassen im Ziel eintrudeln. Die Devise lautet: Hauptsache ankommen.

Neben vielen Einheimischen zieht es auch viele Gäste aus Deutschland und den Niederlanden jedes Jahr auf den Arlberg. An den Weihnachtsfeiertagen ist der Arlberg immer bis auf das kleinste Pensionszimmer ausgebucht. Stand die letzte Saison noch ganz im Zeichen von geschlossenen Grenzen und geschlossenen Hotels, erwartet man sich für die kommende Saison einen massiven Ansturm von Gästen aus dem Ausland. Ob die Pandemie das zulässt, bleibt abzuwarten. Für die Hoteliers und Bergbahnen zählt jedoch das Motto: die Hoffnung stirbt zuletzt.