1 subscription and 7 subscribers
Article

Was ist eine fiktive Nichteinreise? Die Idee der Transitzentren erklärt

Transitzentren sollen nach Ansicht der Spitzen von CDU und CSU dafür sorgen, dass weniger bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Vor allem sollen sie aber den Zusammenhalt der beiden Unionsparteien sichern.

Was steckt hinter der Idee der Transitzentren?

Die Zentren sollen nah der deutsch-österreichischen Grenze entstehen. Asylsuchende, die bereits in einem anderen EU-Land als Asylbewerber registriert sind, sollen dort untergebracht werden. Aus diesen Zentren heraus sollen sie dann im Schnellverfahren in das Land ihrer ersten Registrierung abgeschoben werden.

Der Clou an der Sache: Im rechtlichen Sinne würden Asylsuchende, die an der Grenze gestoppt und in ein solches Transitzentrum gebracht werden, als nicht eingereist gelten. In einem Tweet zur Einigung zwischen CDU und CSU am Montag schrieb Dorothee Bär (CSU) von einer "Fiktion der Nichteinreise".

Was ist eine "Fiktion der Nichteinreise"?

Nur weil jemand die deutsche Grenze überschritten hat, ist er rechtlich nicht unbedingt eingereist. Das ist in Paragraph 13 des Aufenthaltsgesetzes geregelt.

Hier der etwas sperrige Gesetzestext:

Das heißt im Klartext: Solange nicht darüber entschieden wurde, ob ein Ausländer nach Deutschland hineingelassen wird und solange die Behörden ihn deswegen festhalten, hat er die Grenze zwar passiert, gilt jedoch nicht als eingereist. Das kann entweder in einem Wartehäuschen der Bundespolizei direkt an der Grenze passieren, oder eben Kilometer entfernt in einem Transitzentrum.

Was hat das mit Flughäfen zu tun?

Dieses Vorgehen wird auch als Flughafenverfahren bezeichnet. Dort sind die Regelungen nämlich ähnlich: Solange ein Einreisender im Transitbereich sitzt, ist er nicht offiziell eingereist.

An deutschen Flughäfen, an denen es passende Unterbringungsmöglichkeiten gibt, wird das Asylverfahren direkt vor Ort durchgeführt. Wer dort mit dem Flugzeug ankommt und einen Aysylantrag stellt, verlässt den Flughafen in der Regel erst dann, wenn über seinen Antrag entschieden wurde. Wer nicht in Deutschland bleiben darf, betritt - rein rechtlich gesehen - gar nicht erst deutschen Boden.

Das will die CSU mit der Einführung von Transitzentren erreichen. Ursprünglich wollte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bereits registrierte Asylbewerber direkt an der Grenze abweisen. Jetzt soll das ein paar Kilometer entfernt geschehen.

Ist das eine neue Idee?

Nein. Bereits 2015 wollten CDU und CSU Transitzentren einführen - für Asylbewerber ohne "Erfolgsaussichten" oder ohne Papiere, um diese schneller abschieben zu können.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und heutige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner formulierte im Januar 2016 ihren "A2"-Plan für die Asylpolitik. In der "Welt" fasste sie den Plan in acht Punkten zusammen. Darin schreibt sie über ihren Vorschlag, Transitzentren einzuführen:

Die SPD positionierte sich jedoch gegen die Transitzentren. Der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte zu Klöckners Plänen im Januar 2016:

Ob die SPD den Transitzonen jetzt zustimmt ist bislang unklar. Mehr dazu und zu den weiteren Entwicklungen im watson-Ticker:

Ist die Bundespolizei darauf vorbereitet?

In die Transitzentren sollen Asylbewerber gebracht werden, die an der deutsch-österreichischen Grenze gestoppt wurden. Um das Umzusetzen, braucht es Kontrollen an den Grenzübergängen. Für solche Kontrollen ist die Bundespolizei zuständig.

Die Bundespolizei ist laut eigener Aussage darauf vorbereitet, die Grenzkontrollen im Zweifelsfall zu verstärken. Als Horst Seehofers direkte Zurückweisung registrierter Asylbewerber in der vergangenen Woche im Raum stand, sagte ein Bundespolizeisprecher watson:

So würde die Bundespolizei neu angeordnete Grenzkontrollen umsetzen:

Was sagen Flüchtlingshelfer zu den geplanten Transitzonen?

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat den Kompromiss der Unionsparteien in der Flüchtlingspolitik als "Einigung auf dem Rücken von Schutzbedürftigen" kritisiert. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte:

(mit dpa/afp)

Original