1 subscription and 0 subscribers
Article

Die Luft für Mieter wird dünner

Wuchermieten in Offenbach:

Die Wohnungssuche mit kleinem Budget wird in Offenbach immer schwieriger. Die Anzahl der geförderten Wohnungen sinkt.

Wer wissen will, wie manche Menschen in Offenbach hausen, der muss Wolfgang Christian fragen. Der aus dem Amt scheidende Ombudsmann des kommunalen Jobcenters „MainArbeit" hatte jüngst wieder eine Frau aus Osteuropa bei sich in der Sprechstunde im Rathaus sitzen, die ihm ihr Leid klagte: Ihr Zuhause, sagte Frau Z., das seien vier Zimmer, Küche, Bad. In den meisten Zimmern lebten zwei Leute - und die zahlten für ihren Teil des Raums jeweils rund 300 Euro Miete. „Die Wohnung ist in einem sehr schlechten Zustand", sagt Christian. Doch seine Klientin kann das überteuerte Zuhause nicht verlassen - sie findet einfach nichts anderes für den Preis.

Die Luft wird dünner auf dem Offenbacher Wohnungsmarkt. Zum einen steigen die Mieten so stark wie seit Jahren nicht: Einer Ende März veröffentlichten Analyse des Immobilienportals Immowelt zufolge sind die bei diesem Anbieter aufgeführten Mietpreise in Offenbach in den fünf Jahren von 2012 bis 2017 um 27 Prozent gestiegen - von durchschnittlich 7,90 Euro auf zehn Euro kalt pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In Frankfurt betrug der Anstieg im gleichen Zeitraum 17 Prozent, in Darmstadt 16 Prozent und in Wiesbaden 15 Prozent. Zum anderen sinkt in Offenbach trotz reger Neubautätigkeit die Anzahl der verfügbaren öffentlich geförderten Wohnungen. Gab es Ende 2016 noch 3926 solcher Wohnungen, waren es Ende 2017 nach Angaben der Stadt nur noch 3599 - das ist ein Rückgang um 8,3 Prozent in einem Jahr.

Sozialhilfeempfänger trifft es am ärgsten

Diese Kombination aus steigenden Mieten und sinkender Anzahl an Sozialwohnungen erschwert vor allem denjenigen die Wohnungssuche, die auf die günstigsten Wohnungen auf dem Markt angewiesen sind: Empfängern von Sozialleistungen. Denn das lokale Jobcenter übernimmt exklusive Heizkosten maximal 472,81 Euro für die Miete eines Einpersonenhaushaltes. Dieser Betrag gilt gerade noch als „angemessen". Dabei fällt es Menschen wie Frau Z. augenscheinlich immer schwerer, zu diesen Konditionen ein geeignetes Dach über dem Kopf zu finden.

Auch die in Offenbach tätigen öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften helfen da nicht viel weiter, denn deren vergleichsweise günstige Wohnungen sind stark nachgefragt: Auf der Warteliste der Gemeinnützigen Baugesellschaft Offenbach (GBO) etwa, die in der Stadt rund 6000 Wohnungen besitzt, stehen zurzeit etwa 3000 Interessenten - aber nur 400 Wohnungen werden jedes Jahr frei (die FR berichtete).

Wohnungen wie die zu Anfang beschriebene werden oft von Migranten an Migranten vermietet, die über informelle Netzwerke an ihre Bleibe in Offenbach gekommen sind und manchmal ohne schriftlichen Vertrag einquartiert werden. Dabei unterscheiden sich die Häuser, in denen die Menschen so beengt und teuer hausen, von außen meist kaum von den Nachbargebäuden. Das Haus etwa, in dem Frau Z.wohnt, sieht von außen wie ein typischer Offenbacher Gründerzeitbau aus: Unauffällig, ohne viel Stuck, aber auch nicht unordentlich. Von außen fällt nur die dicke Stahltür auf - und die zersplitterten Klingelschilder, auf denen sich kaum noch ein Name entziffern lässt.

Der Leiter des kommunalen Jobcenters, Matthias Schulze-Böing, sagt, man verfolge bei solchen Immobilien eine „konsequente Linie". Das heißt: Wo es Hinweise auf Wuchermieten gibt - Mieten also, die 50 Prozent der örtlichen Vergleichsmiete überschreiten - werden diese Informationen an das Wohnungsamt weitergegeben, die dann gegebenenfalls Anzeige wegen Mietwuchers erstatten können. Das Jobcenter lehnt in einem solchen Fall die Übernahme der Kosten ab.

Darüber hinaus wird geprüft, ob die angebotene Wohnfläche überhaupt zu Wohnzwecken zugelassen ist. „Da wird immer wieder mal versucht, Dachgeschosse oder Kellerräume zu vermieten, für die es keine Genehmigung gibt", erklärt Schulze-Böing.

Bei der Stadt heißt es jedoch, man habe „keine Erkenntnis, dass es in Offenbach signifikant häufiger Mietwucher gibt als in anderen Städten". Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der GBO ist, sagt aber auch: „Es liegt ja auf der Hand: Wenn bezahlbarer Wohnraum schwer zu finden ist, muss ich eher auf Notmöglichkeiten ausweichen und kann Opfer von Mietwucher werden."

Original