Herbert Baur und Karl Heinz Jeltsch waren Außenseiter, berufsunfähig und schwer vermittelbar am Arbeitsmarkt. Bis sie ihr bescheidenes Glück mit Hasen und Ziegen gefunden haben. Eine Reportage aus unserer Reihe "Archivschätze"
Dieser Text erschien erstmals am 3. April 2014. In unserer Reihe "Archivschätze" blicken wir zurück auf herausragende Reportagen und beantworten am Ende die Frage, was in der Zwischenzeit passiert ist.
Ingoldingen - Der Wandkalender ist Herberts Tagebuch. Oben recken sich halbnackte Frauen, eingeölt, die Blusen weit offen. Unten trägt Herbert alles ein, was er und Kaale erledigt haben: „7. Februar Ziege Franzi Wurmkur.“ Oder: „22. Februar Gockel geschlachtet.“ Die Geburt von Mona und Laura muss Herbert noch aufschreiben, die Lämmer sind am Abend zuvor, um halb zehn, zur Welt gekommen. Herbert und Kaale mussten eine Sonderschicht im Stall einlegen. Jetzt staksen die kleinen Tiere auf zittrigen Beinen im Heu.
„No koi Hektik.“ Herbert zündet sich eine dicke Zigarre an, Marke Tropenschatz. Im Stall gehört sie bei ihm und Kaale immer dazu. Genau wie das Bier. Aber nicht das teure, von dem der Kasten 15 Euro kostet. Die beiden kaufen das billige. Es schmeckt.
Im Stall riecht es nach Mist und nach Männern, die Schmutz unter den Fingernägeln haben. Ihre Mode ist Strickware aus dem vergangenen Jahrtausend, und irgendeiner hat heute schon ein Bier getrunken. Immer wieder blökt ein Schaf. Eine Ziege streckt neugierig ihren Kopf hervor, stellt sich plötzlich auf die Hinterbeine, stützt sich mit den Vorderhufen auf dem Geländer ab und schreckt sofort zurück, wenn man die Hand nach ihr ausstreckt. Neben den Hasenställen stehen Karren und Anhänger, weiter hinten zwei alte Bulldogs, einer gehört Herbert, den braucht er für die Wiesen.
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