Sprit, Heizöl, Plastik: Kein anderer Rohstoff prägt unser Leben so stark wie Erdöl. Jedoch: Während beispielsweise der Spritpreis im Kopf der meisten Menschen allgegenwärtig (und meist auch ein Ärgernis) ist, sind die Hintergründe zu diesem so wichtigen Produkt meist nicht ersichtlich. Wo kommt der Stoff her, mit dem wir unser Auto betreiben, unser Haus heizen, unseren ganzen Alltag schmieren? In diesem interaktiven Beitrag beantworten wir einige der wichtigsten Fragen dazu.
Im Jahr 2015 importierte Deutschland aus 32 Ländern Rohöl in nennenswerter Menge. Das belegen Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Wir haben die Staaten in dieser Grafik markiert. Je dunkler die Einfärbung, desto mehr Öl sprudelte von dort. Klicken Sie auf ein Land, um mehr darüber zu erfahren.
Die mit Abstand größten Lieferungen kamen aus Russland. Es waren 32.577.000 Tonnen. Die zweitmeisten Importe kamen aus Norwegen - hier waren es jedoch rund 20.000.000 Tonnen weniger als aus Russland.
Nach Russland und Norwegen kam das meiste Öl aus Großbritannien, Nigeria und Kasachstan. Die nächste Grafik zeigt, wie sich die Einfuhr aus diesen Staaten in den vergangenen fünf Jahren verändert hat. Dabei fällt auf, dass die jüngsten diplomatischen Schwierigkeiten mit Russland keinen großen Effekt auf das Ölgeschäft mit dem Land hatten.
An einer Verringerung der Abnahmemenge aus Russland habe keine der beiden Seiten ein Interesse, erklärt Prof. Christoph Weber vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. In Russland würde die Wirtschaft unter einer Verringerung leiden. Für deutsche Raffinerien ist russisches Öl wegen des Transportweges besonders attraktiv, erklärt Weber. Es kommt per Pipeline direkt aus den Fördergebieten und muss nicht mit Öltankern auf dem Seeweg transportiert werden. Dadurch falle der Transport insgesamt kostengünstiger aus, sagt Weber.
Ein weiterer Grund für die konstanten Lieferungen: Während der Ölpreis sich relativ kurzfristig ändert, werden die Liefermengen in längeren Zeiträumen geregelt, sagt Weber.
Vergleichsweise wenig Öl kommt aus den klassischen Förderstaaten am Persischen Golf nach Deutschland. Das hängt mit der geografischen Lage und den Transportwegen zusammen, erklärt Weber. Von den Golfstaaten aus gebe es keine Pipelines Richtung Deutschland. Das Öl müsste mit Schiffen ums Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas transportiert werden, was vergleichsweise unrentabel ist. Anders sehe es beispielsweise bei den asiatischen Märkten aus, die aufgrund der geografischen Nähe eher als direkte Abnehmer für Öl aus den Golfstaaten in Frage kommen.
Das Rohöl gelangt über Pipilines zu Raffinerien, in denen es verarbeitet wird. Das russische Öl kommt dabei über die Druschba-Pipeline aus Westsibirien. Ansonsten wird Öl, das mit Tankern aus den Förderländern verschifft wird, aus den Häfen in Rotterdam (Niederlande), Marseille (Frankreich) und Triest (Italien) per Pipeline nach Deutschland geleitet.
In der Karte sind diese Pipelines eingezeichnet. Wenn Sie auf diese klicken, erfahren Sie mehr zu den Leitungen. Mit einem Klick auf ein Industrie-Symbol erfahren Sie, um welchen Raffineriestandort es sich handelt.
Ja. Aus den 1066 deutschen Ölquellen sprudelten nach Zahlen von 2014 insgesamt 2,4 Millionen Tonnen Rohöl - 2015 dürfte der Wert ähnlich sein. Das entspricht etwa der Menge, die Deutschland 2015 aus dem Irak importiert hat.
Die einheimische Förderung ist damit weit von den 8,2 Millionen Tonnen aus den 1950er Jahren entfernt.
Beim Öl hat Schleswig-Holstein dank der Ölbohrinsel Mittelplate mit 55 Prozent den höchsten Anteil an der bundesweiten Förderung - vor Niedersachsen mit 34 Prozent, Rheinland-Pfalz (8 Prozent) und Bayern (2 Prozent). Das restliche Prozent verteilt sich auf diverse Bundesländer.
Der vom russischen Milliardär Michail Fridman kontrollierte Förderkonzern Dea Deutsche Erdöl AG vermutet im schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Wattenmeer weitere 20 Millionen Tonnen Öl. Das Unternehmen will dazu vier Probebohrungen vornehmen. Über die Anträge haben die zuständigen Umweltministerien aber noch nicht entschieden.
Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zeigen, wie stark der Preis für das importierte Öl sich seit 1991 verändert hat. Der Preis gilt pro Tonne (keine spezielle Sorte, sondern der Durchschnitt aller nach Deutschland eingeführter Öle).
Die Preisentwicklung wirkt noch imposanter, wenn man weiter in der Zeit zurückgeht. So sind etwa die Preise für die Öl-Sorte Brent - die für die europäischen Staaten wichtigste Sorte - seit 1976 auf der Homepage des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle dokumentiert. Hier gilt der Preis pro branchenübliche Maßeinheit Barrel.
Schließlich ein Blick auf die Preise für die Öle der Organisation erdölexportierender Länder (Opec). In diese Grafik sind die Zahlen seit 1960 eingeflossen. Der Unterschied zwischen damals und dem Höhepunkt im Jahr 2012 ist dementsprechend noch größer.
In den Jahren des stetigen Preisanstiegs schwammen die Regierungen vieler Erdöl exportierender Länder förmlich im Geld. Der Reichtum der Herrscher am Persischen Golf ist legendär. Der Preisverfall der vergangenen Monate stellt für einige dieser Staaten jedoch ein existenzielles Problem dar. Am stärksten trifft es Venezuela im Norden Südamerikas. Für das Land mit den größten Reserven der Welt hat der Absturz die Krise massiv verschärft. Ein Beispiel: Hatte Venezuela im Januar 2015 noch 850 Millionen Dollar eingenommen, waren es im Januar 2016 nur noch 77 Millionen. Dadurch können die teuren Sozialprogramme der Sozialisten kaum noch finanziert werden, ebenso wird es immer schwieriger, Güter aus dem Ausland einzuführen. Die Folgen:
DROHENDE PLEITE - In der zweiten Jahreshälfte müssen die Regierung und der staatliche Ölkonzern PDVSA nach Angaben des "Economist" weitere sechs Milliarden US-Dollar an internationalen Krediten zurückzahlen. Für Analysten ist eine Pleite daher derzeit im Bereich des Möglichen.
INFLATION - Unternehmen fehlen wegen der staatlichen Geldpolitik Devisen wie Dollar, um Produkte aus dem Ausland bezahlen zu können. Der Bolívar ist wegen der weltweit höchsten Inflation quasi wertlos. Der größte Bierbrauer Polar konnte zeitweise kein Gerstenmalz mehr einführen und stoppte die Produktion. Das Land ist von Lebensmittel- und Medizinimporten sehr stark abhängig, kann vieles aber nicht mehr bezahlen. Plünderungen und Schwarzmarkthandel nehmen überall zu.
MISSWIRTSCHAFT - Durch den Mangel an Grundstoffen sinkt die Produktion rapide. Hinzu kommt, dass die hohe Inflation zu Minusgeschäften führt - der Staat legt sehr niedrige Preise fest, etwa für Mehl und Milch, die decken oft nicht mal mehr die Produktionskosten. Es kommt zu Rationierungen; die Nummer auf dem Ausweis entscheidet, an welchen Tagen in Supermärkten eingekauft werden darf. In Krankenhäusern fehlen Medikamente, teils bis hin zum Sauerstoff für Beatmungsgeräte.
SOZIALISTEN VS. MUD - Bei der Parlamentswahl im Dezember siegte das Bündnis "Mesa de Unidad Democrática" (MUD) - Präsident Nicolás Maduro stemmt sich aber vehement gegen eine Abkehr vom Sozialismus-Projekt. Die Opposition will Maduro rasch per Referendum absetzen lassen. Er antwortet mit Dekreten, die ihm und dem Militär mehr Macht geben. Viele Beobachter fürchten, dass der Konflikt blutig enden könnte.
Die Menge des importierten Öls ist bis zum Jahr 2005 gestiegen - seitdem gibt es einen Rückgang.
Das liegt vor allem an der schwindenden Bedeutung des Heizöls, erklärt Prof. Christoph Weber vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Bei diesem Produkt habe es den größten Rückgang in den vergangenen Jahren gegeben. Zunächst habe Erdgas dem Öl Anteile abgenommen. In den vergangenen Jahren seien auch Pelletheizungen immer wichtiger geworden. „Bei Neubauten spielt Erdöl keine Rolle mehr", so Weber.
Die Karte zeigt die Staaten, die im Jahr 2014 mehr als 100 Millionen Tonnen Mineralöl (Treibstoff, Heizöl etc.) verbraucht haben. Die Zahlen stammen von der US-Energiebehörde IEA sowie der Opec und verschiedenen Firmen und stellen vorläufige Ergebnisse dar. Den mit Abstand größten Verbrauch haben die USA, gefolgt von China. Danach folgen mehrere Industrie- und Schwellenländer mit etwa einem ähnlich hohen Verbrauch. Wenn Sie auf die Karte klicken, erfahren Sie, wie viel das ist. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2014.
In Europa ist Deutschland in absoluten Zahlen (Jahr 2014) der größte Verbraucher von Mineralölen. Pro Kopf sieht es jedoch anders aus:
Den größten Verbauch haben die kleineren Staaten, während Deutschland mit 1272 Kilogramm pro Kopf zwar im oberen Bereich, jedoch nicht unter den Höchstverbrauchern rangiert.
(Mit Material und Fotos der dpa)