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Interview

Chilly Gonzales // Trauriges Genie

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Der kanadische Musiker Chilly Gonzales mixt auf seinem neuen Album Rap mit Orchestersound. Blöde Idee – oder?

Interview: Ellen Stickel

uMag: Gonzales, wieso brauchst du neuerdings ein ganzes Orchester im Rücken?
Chilly Gonzales: In einer perfekten Welt könnte ich jede Art von Rapmusik machen, die ich möchte. Aber wir leben in einer Welt, in der man als Rapper nicht ernst genommen wird, wenn man nicht den richtigen Background hat. Also dachte ich: Wenn ich wieder rappe, dann so, dass es zu mir passt, mit viel Piano und ambitionierten, dramatischen Produktionen. Das Orchestersound war meine Lösung für dieses Problem. Mein Bruder hat die Arrangements gemacht. Er ist Filmkomponist und ein high-level Orchester-Faker. (lacht) Ich habe mich dafür entschieden, den schwierigsten Weg zurück zum Rap zu nehmen. Ich riskiere jede Menge Spott damit. Aber das ist ja nichts Neues.

uMag: Du wirst oft als großer Entertainer bezeichnet – nimmst du das als Lob oder kratzt das eher an deinem Selbstverständnis?
Gonzales: Es war ganz schön schmerzlich für mich, irgendwann erkennen zu müssen, dass ich ein Entertainer sein muss und nicht nur Künstler sein kann. Ich musste den Künstlerteil in mir begraben, denn ich wusste, er würde mir im Weg sein. Das war ein trauriger Moment. Aber ich übe heute noch Rache an diesem Moment, indem ich erfolgreich bin. Wenn ich den Künstler in mir schon ausmerzen musste, dann sollte es sich wenigstens lohnen.

uMag: Was bedeutet Entertainment für dich?
Gonzales: Entertainment heißt, dass du Leute auf sehr vielen verschiedenen Ebenen ansprichst, auch welche, über die du vorher gar nicht nachgedacht hattest. Ich bin live nicht nur die ganze Zeit am Schreien, Rappen und Durchdrehen. Ich zeige meinen Schwanz nicht und bin nicht fies zu jemandem, außer, das Publikum benimmt sich feindselig. Aber ich liebe auch diese Momente, denn dann kann ich kämpfen, bis sie mich wieder lieben. Aber wenn ich auf der Bühne ohne Grund total durchdrehen würde – das wäre echt dämlich.

Foto: Alexandre Isard