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Vienna Shorts: Das Festival der besseren Pointen

Kürzer, strammer und mit viel Vertrauen ausgestattet: So präsentieren sich heuer die Vienna Shorts. Das 14. Internationale Festival für Kurzfilm, Animation und Musikvideo findet von Donnerstag bis kommenden Dienstag an vier Spielorten in Wien statt. Das leitmotivische Thema: „Trust Me“.


Erstmals wird heuer auch das Wiener Filmcasino bespielt. Das Festival wurde allerdings nicht nur erweitert, sondern auch radikal gekürzt dieses Jahr. So wurde, verglichen zum Vorjahr, nicht nur der Name von Vienna Independent Shorts auf Vienna Shorts, sondern auch das Programm gestrafft.

„Es war notwendig einen Konsolidierungskurs zu fahren. Wir haben dabei versucht, den Aufwand an unsere finanziellen Möglichkeiten anzupassen“, erklärt Kurator Daniel Ebner im Gespräch mit ORF.at. Das Resultat: ein Tag und 13 Programme weniger - dafür der Versuch, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.


Vertrauen im Fokus

Ein Mann sitzt in einem Kaffeehaus. Er liest Zeitung und kritzelt. Marine Le Pen bekommt einen Hitlerbart. Ein Bus fährt vorbei – plötzlich verselbstständigen sich die Kritzeleien. Die Zeitung wird zum Leben erweckt. Vom Laufstegmodel, das im Laufschritt die Kleidung verliert, wandelt sich schnell das Blatt und Terroristen erwachen zum Leben, bekommen Grimassen, es werden Raketen abgeworfen. Donato Sansone thematisiert in seinem „Journal Anime“ die Repräsentation von Wahrheit und Wirklichkeit. Dabei wird der Kurzfilm als Teil des Fokusthemas „Trust Me“ im Programm „Fake News. Sad. Counterfeiting reality“ gezeigt.


Dieser und weitere Werke in ihrer kurzen Form rund um das Thema Vertrauen stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Vienna Shorts. Wem Vertrauen schenken in einer Zeit von Extremismus, „Fake News“ und Filterblasen? In Zusammenarbeit mit den Kurzfilmfestivals aus Uppsala (Schweden) und dem ZubrOFFka Festival Bialystok (Polen) wird der Frage nachgegangen, wie sich (fehlendes) Vertrauen in aktuellen und älteren Filmen widerspiegelt. Dabei stehen Generationskonflikte, die Fragen nach Autorität und Selbstdarstellung sowie Vorurteile und Misstrauen im Mittelpunkt.


Es geht um die Oscar-Qualifikation

Um diverse Preise buhlen Filmschaffende in den vier Wettbewerbskategorien „Fiction & Documentary“, „Animation Avantgarde“, „Österreich-Wettbewerb“ und „Screensessions“. Eine der aufregendsten Arbeiten ist das Liveprojekt „VENTIL“ von Flo Kindlinger und Peter Kutin, das Kinobesuchern im Rahmen der „Screensessions Live“ eine körperliche Grenzerfahrung bietet.

Im Zentrum: eine Panzerglasscheibe. Sie wird auf einer Seite bearbeitet, beschossen und zerstört – Ton und Bild in den Kinosaal und das Konzert überführt. Die andere Seite, und somit der Kinobesucher im Metro Kinokulturhaus, bleibt unversehrt. Findet die Revolution nur noch hinter der Scheibe, dem Display, hinter der „fünften Wand“ statt? „The fifth wall“ – so heißt das cineastische Pendant des politischen Projektes des Duos, das im Wettbewerb „Animation Avantgarde“ gezeigt wird.


Porno, Trash und Horror

Die Animations- und Avantgardekünstler experimentieren in ihren Filmen mit 2-D- und 3-D-Techniken, malen und zeichnen und setzen sich mit gesellschaftspolitischen Themen auseinander. Publikumsmagnete werden auch heuer wieder die von Horror, Trash und Porno geprägten „Midnight Movies“ und die reizüberflutenden „100 Films in 100 Minutes“ sein.



Flucht und Migration

3-D-Effekte, Virtual Reality und Augmented Reality seien, gemessen an den Einreichungen, kein großer Trend im Kurzfilm, so Ebner. Vielmehr sei auf inhaltlicher Ebene auszumachen, womit sich der Großteil der Kurzfilmschaffenden befasst hat: Migration und Flucht.

Es sei erstaunlich, wie viele Filme die sogenannte Flüchtlingskrise zum Anlass ihrer Filme nahmen. Das sei es, was Kurzfilm zu leisten hätte, geht es nach Ebner. „Wir möchten Filme, die einen wachen und offenen Blick haben auf das, was um uns herum und in der Welt passiert.“ Sich dabei abstrahiert mit der Thematik auseinanderzusetzen, ohne „auf die Tränendrüse zu drücken“ und die künstlerische Reflexion nicht zu kurz kommen zu lassen, sei die große Herausforderung.

Der Trailer kommt von den diesjährigen „Artists in Residence“, den Schotten Ross Hoff und Duncan Cowles.


347 Geheimtipps

Berlinale, Viennale, Diagonale – es gibt zahlreiche Filmfestivals in und um Österreich. Dennoch, brancheninterne Konkurrenz gebe es kaum, meint der Kurator. Die größten Herausforderungen seinen das Aufstellen finanzieller Mittel und das Generieren von Aufmerksamkeit: „In Wien sind die Wiener Festwochen momentan die größte Konkurrenz mit ihrer unglaublichen Präsenz in der Stadt.“ Mitunter aus diesem Grund wäre es ihm ein Anliegen, in Zukunft enger zusammenzuarbeiten. „Mittlerweile sprechen die Festwochen ein Publikum an, das in unserer Altersgruppe liegt und experimentierfreudig ist. Meine Hoffnung ist, dass wir da in Zukunft besser zusammenkommen.“

Ganz im Sinne des heurigen Fokusschwerpunktes „Trust Me“ wünscht sich auch Ebner Vertrauen seitens des Publikums: „Wir zeigen 347 Geheimtipps. Wir können das Publikum nur bitten, uns zu vertrauen, dass wir eine gute Auswahl getroffen haben.“


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31.05.2017


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