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Trotz Viertelfinal-Aus: Fair-Play-König Boll stehen "noch ein paar schöne Jahre bevor"

Mit einer mitreißenden Partie hat sich Timo Boll bei der WM vom deutschen Publikum verabschiedet. Das Ende ist das für den 36-Jährigen noch nicht.


Düsseldorf - Als die Heim-WM für Timo Boll in Düsseldorf beendet war, berührte er fast wehmütig ein letztes Mal mit der Hand die schwarze Tischtennis-Platte und bedankte sich beim jubelnden Publikum. Der Schmerz über den verpassten Halbfinaleinzug und die verwehrte zweite WM-Medaille stand Boll dennoch ins Gesicht geschrieben. Beim 2:4 gegen Olympiasieger und Titelverteidiger Ma Long hatte der deutsche Tischtennis-Star aber wieder einmal sein ganzes Können und seinen Sportsgeist unter Beweis gestellt.

Trotz seiner 36 Jahre denkt der ehemalige Weltranglistenerste nicht ans Aufhören, im Gegenteil. "Das gibt mir jetzt auch wieder Mut. Mir liegen noch ein paar schöne Jahre bevor", sagte er nach dem Spiel. Auch Bundestrainer Jörg Roßkopf attestierte seinem Schützling einen starken Schlagabtausch gegen dessen Doppelpartner. "Schade, er hat wirklich ein gutes Turnier gespielt, er war auch in der Form, um weiterzugehen. Die Chance war heute da."

Noch bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im vergangenen Sommer "habe er sich gegen Ma und Fan Zhendong gar nichts mehr zugetraut", sagte Boll, das sei jetzt wieder anders: "Ich bin wieder der Timo Boll wie vor der Verletzung." Im September 2015 hatte sich der EM-Rekordmeister einer Knie-Operation unterziehen müssen und rutschte auch infolge dessen 2016 erstmals nach fast zwölf Jahren aus den Top Ten der Weltrangliste.

Der Olympia-Mannschaftsdritte haderte dabei einmal mehr mit der Auslosung. "Es ist schon traurig. Bei den letzten drei WMs bin ich immer gegen einen Chinesen im Viertelfinale rausgeflogen", sagte der Altmeister und zog ein WM-Fazit: "Ein bisschen müde ist der Kadaver jetzt schon."

Um jeden Preis würde Boll selbst eine solch knappe Partie nie für sich entscheiden und machte seinem Ruf als Fair-Play-König wieder alle Ehre. Im sechsten und schließlich letzten Satz, als ihm das Spiel beim Stand von 8:7 zu entgleiten drohte - er hatte bereits 8:4 geführt -, retournierte er einen Ball absichtlich ins Aus, weil er ihn zuvor mit der Brust berührt hatte.

Schon im ersten Satz war Boll von den Schiedsrichtern ein Punkt zugesprochen worden, obwohl beide Stars den Ball von Ma auf der Kante gesehen hatten. Der Weltranglistenachte spielte Mas nächsten Aufschlag ins Netz und "schenkte" ihm den Punkt. Bereits 2005 war Boll in China zum Idol avanciert, nachdem er im WM-Achtelfinale sogar einen Matchball-Punkt zurückgab und das Spiel noch verlor. "Wir betreiben Sport, weil wir ihn lieben - und eine große Liebe betrügt man nicht", hatte er damals gesagt.

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