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Autoland USA auf Schienen

Es ist ein ambitionierter Plan: Acht Milliarden Dollar will die amerikanische Regierung in diesem Jahr in die Hochgeschwindigkeitstrassen des Landes investieren. Das Geld ist Teil des American Recovery and Reinvestment Acts, jenes rund 800 Milliarden schweren Konjunkturprogramms, das das Land aus der Rezession führen soll. Weitere fünf Milliarden Dollar plant im Haushalt 2010 ein, um Trassen für Hochgeschwindigkeitszüge zu bauen.

Amerika betritt damit Neuland. Bislang nutzt, wer innerhalb der reist, das Flugzeug oder das Auto. 250 Millionen Autos sind angemeldet, jährlich heben mehr als 8,5 Millionen Inlandsflüge ab. In Deutschland und Frankreich fahren ICE und TGV, die Eurostar-Züge verbinden das französische Festland mit London, und in Japan transportiert der Shinkansen jährlich Millionen Passagiere. In den USA gibt es lediglich den Acela-Express, der im Norden des Landes verkehrt. Er verbindet eine handvoll Städte, darunter Washington mit New York und Boston.

Kein Zweifel besteht darüber, dass Hochgeschwindigkeitszüge dem Land nutzen könnten. Immerhin ist die USA mit neun Millionen Quadratkilometern doppelt so groß wie die EU, die Distanzen für die Reisenden enorm. Jean-Pierre Loubinoux, internationaler Geschäftsführer der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF, hält vor allem Verbindungen zwischen großen Städten, die mehr als 1000 Kilometer auseinander liegen, für effektiv. Mögliche Routen gäbe es genug (siehe Karte). Unter den elf vorstellbaren, die das US-Verkehrsministerium nennt, sind der 650 Kilometer lange Abschnitt zwischen San Francisco und Los Angeles, sowie eine Städteverbindung von Chicago nach Detroit im Mittleren Westen.

Damit die Strecken schnell gebaut werden, hat Obama einen Plan eingebracht, der dem Prinzip "Use it, or lose it" folgt. Bekommt ein Bundesstaat den Zuschlag für die Förderung, so muss er das Geld bis 2012 investiert haben. Andernfalls wird dem Staat die Subvention wieder entzogen. Kritiker halten dies jedoch für unklug und verweisen auf die Pläne Kaliforniens. Der verschuldete Bundesstaat will seit Mitte der Neunziger Jahre eine neue Bahntrasse zwischen San Francisco und Los Angeles bauen. Kostenpunkt: 45 Milliarden Dollar. Für die rund 1000 Kilometer lange Strecke braucht der Westküstenstaat demnach rund 38 Milliarden Dollar mehr als Obama amerikaweit ausgeben will.

In Expertenkreisen mutmaßt man daher, dass mit Obamas Milliarden keine einzige High-Speed Bahn entstehen wird. Sei das Geld erstmal zwischen den Bundesstaaten aufgeteilt, bleibe für milliardenschwere Großprojekte nicht viel übrig. Lediglich für Reparaturen gebe es dann noch Mittel. Zu wenig, um die Menschen vom Schienenverkehr zu überzeugen, warnt der Schienenexperte Joseph Vranich. Er glaubt, dass es besser wäre, die Regierung würde das Geld in einem Projekt bündeln, statt es über das Land zu verstreuen.

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Womöglich wäre Obamas Regierung tatsächlich besser beraten, dass Geld in die Nordostregion der USA zu investieren. Die Etappe zwischen und Washington gehört zu den am stärksten befahrenen in den USA. Gleichzeitig fährt der Acela Express noch weit unter seinen Möglichkeiten. Die Strecke ist zu kurvig, als dass die Bahn Fahrt aufnehmen könnte. Weil die Strecke vornehmlich von Frachtgesellschaften genutzt wird, muss der Acela häufig anhalten, um Güterzügen die Vorfahrt zu lassen.

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