Interview mit Eva Glawischnig (Bundessprecherin, GRÜNE Spitzenkandidatin)
Interview wurde im August 2013 aufgenommen
Frau Glawischnig, um einen ersten Eindruck zu bekommen: Was sind die Grünen eigentlich und was kann ich mir unter der Partei vorstellen?
Die Grünen sind seit 25 Jahren im Parlament. Wir haben uns zum Ziel gesetzt - alles, was unsere natürlichen Lebensgrundlagen betrifft - Umwelt und Naturschutz in die Wirtschaft hineinzutragen. Das ist unser wichtigster Auftrag in der Politik. Einsatz für die Umwelt im Sinne langfristige Interessen nicht unter die Räder kommen zu lassen.
Auf etwas, was ich sehr stolz bin: Es gibt bei uns keinen einzigen Politiker, der jemals in einen Korruptionsfall verwickelt war. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien.
Wie sind denn die Grünen österreichweit aufgestellt?
Mittlerweile sind die Grünen jetzt in fünf Landesregierungen vertreten. Insbesondere Kärnten und Salzburg lauten die Ziele, die wir verwicklichen müssen: Die Misswirtschaft der letzten Jahre aufräumen. In Wien sind die Grünen auch in der Regierung. Da geht es aber eher darum, eine Stadt umweltverträglich zu gestalten. Den Verkehr zu verändern. Wenn man sich vor Augen führt, dass am Ende des Jahrhunderts 80 % der Weltbevölkerung in Städten leben werden, ist das ein großes und wichtiges Projekt. Und in Oberösterreich seit mittlerweile zehn Jahren grüne Regierungsbeteiligung. Und dort ist diese Idee mit "grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben" - also Umwelt und Wirtschaft zu verknüpfen - am weitesten vorangeschritten: Hier sind mittlerweile 45.000 grüne Arbeitsplätze entstanden.
Worin grenzen sich die Grünen von den anderen Parteien ab?
Eines der Themen, das im Moment sehr heftig diskutiert wird - auch auf Straßen und in der Wahlauseinandersetzung - ist, "Wie anständig sind Politiker und Politikerinnen überhaupt? Kann man denen überhaupt vertrauen? Und geht es denen nicht nur um die eigene Tasche?"
Und da kann ich wirklich sagen: Die Grünen sind die saubere Partei. Wir haben auch in den letzten Jahren sehr viel dazu beigetragen Aufklärung zu leisten, zu kontrollieren, Missstände aufzudecken und damit auch abzustellen. Und damit auch Geld für die Menschen in Österreich zu ersparen. Und wir bemühen uns jetzt auch um Zurückzahlungen. Diejenigen, die sich illegal Gelder eingesteckt haben, sollen es auch zurück geben. Das betrifft fast alle Parteien, außer den Grünen.
Werfen wir einen Blick auf Österreich. Aus dem Blickwinkel und der Sichtweise der Grünen: Was fallt ihnen da besonderes auf im Bereich Politik, Wirtschaft, Gesellschaft oder Soziales?
Viele Menschen können sich nicht jeden Tag mit Politik beschäften. Die haben ganz andere Sorgen. Ich glaube, ein sehr drängendes Problem ist - und das betrifft viele Eltern, Familien - wie es mit unserem Bildungssystem weitergeht. Wie ist es für die Kleinsten? Haben wir genug Kinderbetreuungsplätze? Können Frauen ihre beruflichen Ziele verwirklichen und gleichzeitig auch eine gute Betreuung für ihre Kinder gewährleistet haben? Gilt genauso für Väter natürlich.
Das sind Baustellen, denen man gerade im Sommer wieder öfter begegnet sind. Es gibt 25 Urlaubstage im Jahr. Und in manchen Kindergärten sind die Tore 56 Tage geschlossen. Und das sind Lebensfragen, wo ich mir denke, es muss doch gelingen, es so zu organisieren, dass der Alltag der Menschen auch leichter wird. Das man nicht noch am Abend noch mit dem Kind sitzt, Hausübung machst oder teure Nachhilfestunden zahlen musst. Sondern, dass das Schulsystem einfach jedes Kind fördert. Das ist glaube ich eines der wichtigsten Dinge, die wir wirklich lösen müssen und die ich auch gerne lösen will.
Was sind denn nun die politischen Ideen von den Grünen? Was habt ihr euch vorgenommen, um Österreich politisch mitverändern und gestalten zu wollen?
Ein großes Projekt ist der Umstieg auf erneuerbare Energieträger. Das heißt: Solardächer, Fotovoltaik, Sonnenstrom. Ölheizungen raus und stattdessen heimische Biomasse. Die Häuser so zu bauen, damit sie nicht mehr viel Energie brauchen. Kostenreduktion auch für die Familien. Und dadurch auch Arbeitsplätze in Österreich und nicht in Saudiarabien und bei Putin zu fördern. Auch die Verkehrssituation ist oft so, dass viele Leute zum Auto überhaupt keine Alternative haben. Ob das jetzt im Burgenland oder in Oberkärnten ist. Öffis ausbauen und sie angenehm zu gestalten. Dass man sich nicht fühlt wie ein Mensch zweiter Klasse, wenn man um fünf Uhr in eine Schnellbahn einsteigt, die einfach nicht schön ist. Und das auch billiger machen. Wir möchten in jedem Bundesland 365 Euro Jahrestickets. So wie in Wien. Weil es nicht von der Postleitzahl abhängen darf, was Öffi pendeln auch kostet. Aber das muss parallel gehen.
Wir haben die wunderschöne Natur. Wir haben viele Biobauern. Und diese Anzahl möchten wir gerne verdoppen. Viel mehr Biolebensmittel. Auch exportieren.
Deutschland und Frankreich sind mittlerweile Exportmärkte geworden. Da sieht man auch, dass es eine große wirtschaftliche Chance ist. Ein Ziel ist es, das Bioland Österreichs weiter auszubauen.
Wir haben jetzt verschiedene politische Ideen gehört. Bildung, Transport, Energie, Familien. Wir lassen sich diese Sachen in den nächsten Jahren umsetzen? Was sind da ihre Lösungen, diese Ideen auch zu realisieren?
Ich glaube, dass im Moment kein Spielraum ist, große Steuersenkungen zu versprechen. Ich glaube, bestimmte Gruppen, Kleinst- und Kleinunternehmer, EPU - ob das jetzt ein Buchhändler oder ein Fahrradhändler - die brauchen bessere steuerliche Rahmenbedingungen. Die muss man entlasten. Ansonsten geht es darum, umzuschichten. Also, die Investitionen in Schulen und Unis stecken aber auch den Vermögensten in Österreich über vermögensbezogene Steuern, wiedereinführung der Erbschaftssteuer für die reichsten 10 % der Bevölkerung das auch wieder zu finanzieren.
Auf meinparlament.at werden viele Fragen diskutiert und beantwortet. Ein Thema dabei ist: Was können die Grünen dazu tun, das Leben für Familien und Frauen zu erleichtern?
Also, die Frauen haben in Österreich nach wie vor einen Startnachteil, was ihr Einkommen betrifft. Wir haben viele ältere Frauen, die ganz niedrige Pensionen beziehen. Und das hängt einfach damit zusammen, dass die Rahmenbedingungen von Kindergarten über die Hortbetreuung offensichtlich ausgeblendet wird, dass Frauen - und in dem Sinn Eltern - nicht 12 oder 15 Stunden am Tag arbeiten können. Sondern, da braucht es eine ganz andere Life-Work-Balance und ein ganz anderes Verständnis für Familien. Und da ist mir persönlich auch ein großes Anliegen. Also: Familien in der Lebensqualität, dass sie den Job ausüben können, dass Frauen mehr verdienen können und trotzdem auch die Kinder gut versorgt sind.
Wir sind nun am Ende vom Gespräch. Gibt es noch etwas, dass Sie noch gerne ansprechen möchten?
Ich glaube, es gibt ein sehr gutes Wundermittel gegen viele Missstände in der Politik. Das heißt, sich einzumischen, Informationen einzufordern. Auch immer wieder Fragen zu stellen, lästige Fragen zu stellen. Und dazu möchte ich auch explizit auch alle einladen, auch das bei uns zu machen. Also auch wirklich an mich schreiben, an uns schreiben, Fragen stellen, sich einbringen und einmischen.
Original