Schwarz und dampfend steht er auf dem Klapptisch. Im neuen Survival-Horror-Game Alan Wake 2 ( PlayStation 5, Xbox Series, Microsoft Windows) sind Kaffee und Glühbirnen Safe Houses. Nur dort kann man kurz durchatmen und den Spielfortschritt speichern. Wobei Wasser eigentlich besser wäre, denn nach diesem Horrortrip ist der Blutdruck schon hoch genug.
"Alan Wake, das ist doch dieser Typ mit der Taschenlampe und der schlechten Ausdauer." So dürften viele Spielerinnen des ersten Teils von 2010 in Erinnerung behalten haben. Darin reiste man als gleichnamiger Thriller-Autor ins US-amerikanische Städtchen Bright Falls, um eine Schreibblockade loszuwerden. Statt Entspannung und Wandern im Washingtoner Unterholz wartete auf Wake aber eine fiese Dunkelheit, die seine Ehefrau Alice kidnappte. Das Action-Adventure brachte frische Ideen ins Genre: Gegner mussten durch Lichtstrahlen erst geschwächt werden, bis man sie mit der Kanone umpustete. Anfangs war das auch unterhaltsam, recht bald hatte man sich daran aber sattgespielt.
Alan Wake 2 bleibt beim grundlegenden Taschenlampenrezept, verändert aber sonst so ziemlich alles. Das Auffälligste: Dieses Mal gibt es zwei Spielfiguren, die in klassischem Survival-Horror überleben müssen. Abwechselnd steuert man die FBI-Ermittlerin Saga Anderson, die einen mysteriösen Ritualmord in Bright Falls aufklären muss. Und Alan Wake, der seit dem ersten Teil in einem alternativen in einer Paralleldimension gefangen ist, dem sogenannten Dark Place. Dessen böser Doppelgänger Mister Scratch ist von dort entkommen und hat ziemlich sicher keine guten Absichten.
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Serienfans werden es bereits bemerkt haben: Die Alan- Wake-Reihe bedient sich reichlich an Elementen von Twin Peaks. Sei es das episodische Format, der Schauplatz oder der verdammt gute Kaffee, vieles erinnert an die TV-Serie. Gefühlt ist ja vieles gleich eine Revolution, aber über Twin Peaks kann man das tatsächlich behaupten. Damals gab es entweder Komödien, Seifenopern oder Thriller, aber niemals alles gleichzeitig. Doch genau das wollten Filmregisseur David Lynch und TV-Produzent Mark Frost. In Twin Peaks untersucht der kauzige und kaffeeliebende FBI-Agent Dale Cooper den Mord an der Schülerin Laura Palmer. Lynch vermengte Surrealismus, skurrile Figuren und Jazz zu einem heimelig-gruseligen Etwas, das seitdem Fans und auch Gamedesignerinnen begeistert.
"Die Ausgangslage von Twin Peaks eignet sich hervorragend für Games", sagt Hanns Christian Schmidt, Professor für Game Design an der Hochschule Macromedia und Experte für Transmedia Storytelling. Ihm zufolge haben sich zentrale ästhetische Motive und Erzählstrukturen der Serie auch auf Games übertragen. Spielerinnen und Spielfigur müssten sich die Welten mit ihrer profunden Seltsamkeit gemeinsam erschließen. "Dabei vermuten sie richtig, dass hinter der hübschen Fassade etwas Bedrohliches, oft Surreales oder Verdrängtes, lauert", sagt Schmidt.
Die Indizien werden mit Reißzwecken und roten Bindfäden verbundenSchon 1991 schwappte der Twin- Peaks-Kult auf Games über. In Zelda: Link's Awakening trifft man auf der Insel Koholint komische Gestalten, die laut Nintendo von der Serie inspiriert sind. Auch in Silent Hill erkundet man ein surreales Städtchen. Und Deadly Premonition ist ebenfalls ein Survival-Horror-Spiel, in dem man als FBI-Agent schon wieder eine Kleinstadt besucht und einen Mord an einer jungen Frau aufklären muss. Ein offizielles Twin- Peaks-Spiel ist bis auf einen mittelmäßigen VR-Ableger zwar nie erschienen. Zwei Fans arbeiten aber an einer inoffiziellen Version in Playstation-1-Grafik. Es wurde deshalb höchste Zeit, dass ein Game mit moderner Technik die Serie neu interpretiert.
Alan Wake 2 überträgt seine surrealen Inhalte in neue Spielideen und Mechaniken. Im verregneten und menschenleeren New York schreibt man als Alan Wake die eigene Handlung, ja sogar die eigenen Levels fort. Mit Textschnipseln, die man unterwegs findet, verändern sich die Levels. Die sogenannte Engelslampe öffnet vorher verschlossene U-Bahn-Stationen und Durchgänge, durch die man schlüpfen kann. Das fühlt sich anfangs fremd und ungewohnt an. Um Spielerinnen und Spieler nicht zu überfordern, nutzt das finnische Entwicklerstudio Remedy Interactive auch etablierte Spielmechaniken. Eine Übersichtskarte markiert wichtige Orte wie Nebenaufgaben und Behälter, die manchmal Munition und Verbände enthalten. Kleinere Rätsel versprechen Verbesserungen für Waffen und neue Fähigkeiten; etwa, dass man von Feinden seltener entdeckt wird. Alan Wake 2 ist ein Game, das zurückhaltend Hinweise gibt. Pfeile, die die Richtung weisen, gibt es nicht. Auch das ist für ein modernes Spiel zumindest anfangs ungewohnt, fördert aber schnell das Eintauchen in die Spielwelt.
Ganz anders spielen sich Andersons Abschnitte in Bright Falls und Umgebung. Wie der Agent Cooper aus Twin Peaks verbindet sie kindliche Neugier ("Dieser Fall ist genau mein Ding") mit übernatürlichem Gespür. Im sogenannten Mind Place, einem heimeligen Hotelzimmer und das Gegenstück zu Wakes kaltem Dark Place, ordnet man Fallakten, verbindet Indizien mit Reißzwecken und rotem Bindfaden und setzt die Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammen. Um die Handlung voranzutreiben, erkundet man das Küstenstädtchen, das vor Details überquillt. Am Pier entladen Fischer ihren Fang, TV-Shows warnen vor riesigen Waschbären, die ihr Unwesen treiben, ein Typ kehrt leidenschaftlich seine Einfahrt. Bright Falls: Wenn das Dunkel besiegt ist, könnte man hier echt gut Urlaub machen.
Schwarz und dampfend steht er auf dem Klapptisch. Im neuen Survival-Horror-Game Alan Wake 2 ( PlayStation 5, Xbox Series, Microsoft Windows) sind Kaffee und Glühbirnen Safe Houses. Nur dort kann man kurz durchatmen und den Spielfortschritt speichern. Wobei Wasser eigentlich besser wäre, denn nach diesem Horrortrip ist der Blutdruck schon hoch genug.
"Alan Wake, das ist doch dieser Typ mit der Taschenlampe und der schlechten Ausdauer." So dürften viele Spielerinnen des ersten Teils von 2010 in Erinnerung behalten haben. Darin reiste man als gleichnamiger Thriller-Autor ins US-amerikanische Städtchen Bright Falls, um eine Schreibblockade loszuwerden. Statt Entspannung und Wandern im Washingtoner Unterholz wartete auf Wake aber eine fiese Dunkelheit, die seine Ehefrau Alice kidnappte. Das Action-Adventure brachte frische Ideen ins Genre: Gegner mussten durch Lichtstrahlen erst geschwächt werden, bis man sie mit der Kanone umpustete. Anfangs war das auch unterhaltsam, recht bald hatte man sich daran aber sattgespielt.