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Kolumbien lahmgelegt

Foto: DG

"Alle militärischen Einheiten sind in höchster Alarmbereitschaft." Kolumbiens Verteidigungsminister Carlos Holmes Trujillo zeigte sich laut Medienberichten für den bewaffneten Streik der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) gewappnet. Die ELN-Guerilla schaffte es nichtsdestotrotz in zahlreichen ländlichen Einflussgebieten, eine Ausgangssperre durchzusetzen und verbot Überlandfahrten und kommerzielle Aktivitäten. Daraufhin hatten Transportunternehmen den Verkehr eingestellt, Fernverkehrsverbindungen fielen aus, Geschäfte blieben geschlossen und öffentliche Veranstaltungen wurden abgesagt. Auch die kleine EPL-Guerilla und Abspaltungen der ehemaligen FARC-Guerilla führten zeitgleich lokale bewaffnete Streiks durch.


Am stärksten betroffen waren südliche Landesteile und die Departamentos Santander, Norte de Santander, César und Arauca im Nordosten des Landes. Hier, wo der militärisch stärkste Arm der nach der Auflösung der FARC größten Guerilla-Organisation Kolumbiens operiert, blockierten ELN-Einheiten wichtige Überlandstraßen und setzten LKW und Fernbusse in Brand. Bei der Explosion eines Sprengsatzes in der Ortschaft Pelaya (César) wurden sechs Soldaten verletzt. Weitere Verletzte oder Tote gab es bis Redaktionsschluss nicht.

Präsident Iván Duque sagte, »der kolumbianische Staat ist bereit, Leben, Ehre, Güter, Rechte und Freiheiten der Kolumbianer zu verteidigen«. Entsprechend bemüht waren Polizei und Militär am Wochenende zu kommunizieren, die Situation unter Kontrolle zu haben und zahlreiche weitere Angriffe vereitelt zu haben.


Lokale Medien berichteten hingegen, dass die Menschen in vielen Gemeinden den Anordnungen der Guerilla gefolgt waren und das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen sei. Die ELN begründete die Aktion damit, dass man auf die anhaltenden Konflikte in verschiedenen Landesteilen und den »falschen Frieden« aufmerksam machen wolle. »Anders als im politischen Diskurs behauptet, besteht der gesellschaftliche Konflikt weiter und hat sich zu einer bewaffneten Auseinandersetzung entwickelt«, sagte »Comandante Uriel«, ein Führungsmitglied der West-Front der ELN-Guerilla, die in der Pazifikregion präsent ist. Eines der Argumente der Guerilla ist, dass die Ermordung sozialer Aktivisten im Land anhalte und die Regierung nichts dagegen unternehme. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Jahr 2019 mindestens 107 Menschen ermordet, die sich politisch oder gesellschaftlich engagieren.

Doch hinter der Aktion der Guerilla - da sind sich politische Beobachter im Land einig - steckt auch ein strategisches Interesse: Stärke zeigen. »Die ELN-Guerilla will demonstrieren, dass sie immer noch eine aktive Kraft ist und dass sie die Fähigkeit hat, die Ordnung in einigen Regionen zu destabilisieren«, sagte Luis Edurado Celis vom Forschungsinstitut Pares, das zum bewaffneten Konflikt recherchiert gegenüber »nd«. Nach der Demobilisierung der FARC hat die ELN in den vergangenen Jahren ihre Präsenz in vielen Regionen ausgebaut und die Anzahl seiner Kämpfer auf schätzungsweise 4000 bis 5000 erhöht.


Die Regierung des rechten Präsidenten Iván Duque hatte nach der Amtsübernahme 2018 die unter der Vorgängerregierung von Juan Manuel Santos (2010 - 2018) begonnenen Friedensgespräche nicht wieder aufgenommen und nach einem ELN-Anschlag auf eine Kadettenanstalt der Polizei im Januar 2019 für beendet erklärt. Sie stuft die Guerilla als Terrororganisation ein und bindet die Wiederaufnahme der Gespräche an Konditionen. Die »Elenos« müssten Anschläge auf Ölpipelines und Sicherheitskräfte sowie Entführungen einstellen. Eine Vorbedingung, die die ELN bisher ablehnt.


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