1 subscription and 0 subscribers
Quote

Fußball statt Warten

Loading...

Das Fußballfeld im 22. Bezirk gleich neben der alten Donau liegt in kühlen Nebelschwaden. Ziemlich kalt für ein Spiel, noch kälter wird es einem beim Zuschauen. Trotzdem laufen wir knapp 15 erhitze Männer, passen, schreien, jubeln, wenn ein Tor fällt. Mitzählen tun sie die Tore nicht, werden sie uns später erzählen. Das Besondere an diesem Verein: Hier spielen fast nur Flüchtlinge. Der Verein Playtogether Now wurde 2015 von Josef Schrammel und Daniel Kemper. Einige der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die seitdem dreimal die Woche hier trainieren, spielen mittlerweile als Teamspieler in österreichischen Vereinen 2. Liga. Als wir nach dem Spiel fragen, ob die Jungs mit uns über ihr Ankommen in Österreich, das Aufgenommen werden, sprechen wollen, sagen drei von ihnen ja. Schüchtern und zurückhaltend setzen sie sich erst vier Stühle entfernt an den Tisch. Wir rücken näher.

Hintergrund Zahlen und Daten zum Gespräch:

Playtogether Now ist ein Verein, der Aktivitäten für Asylwerber*innen anbietet. Mit Fußball hat es begonnen, heute spielen sie außerdem Theater, kochen gemeinsam, gehen schwimmen. Daniel Kemper und Josef Schrammel gründen den Verein im Herbst 2015, mittlerweile arbeiten 30 Ehrenamtliche mit. Wichtig ist ihnen nicht nur der sportliche und aktive Austausch, sondern auch der interkulturelle. Sie helfen bei der Wohnungssuche, beraten. Laut eigenen Aussagen sind rund 200 Schutzsuchende aus dem Großraum Wien im Verein aktiv.

17 zivilgesellschaftliche Initiativen sind auf refugees.wien gelistet. Sie engagieren sich im Großraum Wien für Menschen mit Fluchthintergrund neben den großen Hilfsorganisationen wie die Diakonie oder die Caritas. Die Tätigkeiten reichen von gemeinsam Stoffrücksäcke nähen, Schach spielen über Hilfe bei Amtsgängen.

2016 sind 4.551 Jugendliche ohne ihre Eltern oder Begleitperson nach Österreich geflüchtet. 400 von ihnen waren unter 14 Jahre alt. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan. In Österreich werden sie als „UMF“ (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge) bezeichnet.
Während des Asylverfahrens werden die Minderjährigen in einer der 150 Betreuungsstellen für UMFs oder in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht und betreut. Sozialarbeiter*innen kümmern sich um sie, lernen mit ihnen Deutsch und schauen, dass sie in die Schule gehen. Sie werden von Betreuungssätzen bezahlt, ihre Arbeit ist also von der Anzahl UMFs beeinflusst. In den letzten Jahren hat das oft dazu geführt, dass Betreuungseinrichtungen schlecht ausgelastet waren, da sie Mitarbeiter*innen kündigen müssen, wenn weniger UMFs da sind, Mitarbeiter*innen oft nicht so schnell eingestellt werden können, wenn die Anzahl der UMFs wieder steigt.

2015 stellen 88.340 Menschen einen Asylantrag in Österreich. Es ist die höchste Zahl an Anträgen seit 1956. 2016 sind es 42.070 Anträge, 2017 24.3000 und 2018 13.400.

---

x  Schwerpunkt „Willkommenskultur und Alltagsrassismus“

In diesem journalistischen Projekt wird die Auseinandersetzung der österreichischen Gesellschaft mit dem Thema Migration beleuchtet. Drei Jahre nachdem das Wort „Willkommenskultur“ in aller Munde gekommen war, haben sich die beiden Journalistinnen Dani Krenn und Lisa Lugerbauer für den Zeitraum eines halben Jahres intensiv mit diesem Begriff auseinandergesetzt. Ihr Ziel war es, die Willkommenskultur durch die Beleuchtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln eine Kontur zu verleihen. Das Projekt ist mit den zehn verschiedenen Stimmen nicht abgeschlossen, es wird sich mit immer neuen Stimmen zur Willkommenskultur zumindest noch bis Sommer fortsetzen.
 
In zehn Podcasts sprechen sie mit Menschen, die unterschiedliche Aufenthaltstitel haben, mit Vertreter*innen diverser Einrichtungen wie etwa der Diakonie sowie mit Personen, die sich dem Thema wissenschaftlich und folglich soweit wie möglich emotionslos annähern. Aufbereitet werden die einzelnen Episoden mit online beigestellten, aktuellen Statistiken. Denn wenn auch aktuell viele Menschen von der Rechtsberatung für Asylwerber*innen hören, was dies wirklich bedeutet und in welchem großen Zusammenhang dies für einen Rechtsstaat, nicht nur auf moralischer Ebene, von Bedeutung ist, verstehen die Hörer*innen erst nach den Erklärungen des Rechtsexperten der Diakonie, Christoph Riedl. 

Das Format Podcast ist gerade für dieses Thema das passendste, da über die Stimme nicht nur Emotionen und Stimmungen transportiert werden können, sondern es auch den Hörer*innen die Möglichkeit bietet, in ein Gespräch einzutauchen, das sie möglicherweise selbst noch nicht geführt haben, aber wollen. Mit den zehn Podcast-Folgen ermöglichen wir unseren Hörer*innen, sich mit uns und unseren Gesprächspartner*innen an einen Tisch zu setzen.