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Diakonie: Wie geht es mit der Rechtsberatung für Geflüchtete weiter?

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Christoph Riedl ist Rechtsexperte und in der Diakonie zuständig für Asyl, Menschenrechte und Integration. Im Jahr 2017 hat die Diakonie über 43.000 Menschen im Asylantrag oder nachträglichen Verfahren bei Negativentscheidungen unterstützt. Derzeit hat die Diakonie einen staatlichen Auftrag Asylsuchenden eine kostenlose Rechtsberatung anzubieten, einen Job, den sie sich mit dem Verein für Menschenrechte (VMÖ) teilt. Innenminister Herbert Kickl möchte diese Rechtsberatung in Zukunft nicht mehr von der Diakonie, sondern von einer Agentur, die dem BMI direkt unterstellt ist, durchführen lassen. Christoph Riedl sieht in diesem Plan die Unabhängigkeit der Rechtsberatung in Gefahr und vor allem eine Verschlechterung für diejenigen, die diese Rechtsberatung aufsuchen. Als wir uns zum Gespräch treffen ist auch der Ausstieg Österreichs aus dem UN-Migrationspakt gerade von der Regierung beschlossen worden.

Hintergrund: Zahlen und Daten

Im Jahr 2017 haben 754 angestellte und 791 freiwillige Mitarbeiter*innen in über 60 Einrichtungen der Diakonie Österreichs über 43.000 Menschen mit Fluchtbiografie unterstützt. Es war ein Jahr, das geprägt war von der Novellierung des Asyl- und Fremdenrechts, das Ayslwerber*innen untersagte während eines laufenden Asylverfahrens das Bundesland zu verlassen und unter anderem auch die mögliche Dauer der Schubhaft verlängerte. In ihrem Jahresbericht schreibt die Diakonie auch von einer „geschürten fremdenfeindlichen Stimmung“ gegenüber geflüchteter Menschen.

Die Klient*innen der Diakonie kamen 2017 hauptsächlich aus Afghanistan (15.783), dem Irak (4.412), Syrien (4.281), Somalia (2.615) und Nigeria (2.366) und 13.111 aus anderen Staaten. Seit einer Gesetzesänderung 2016 haben Asylwerber*innen Anspruch auf eine kostenlose Vertretung n Beschwerdeverfahren. In der Rechtsberatung wurden davon 25.279 in über 50.000 Beratungsgesprächen unterstützt. 10.253 Beschwerden haben die Rechtsanwält*innen der Diakonie vor Gericht eingebracht.

Die schwierigsten Verfahren waren 2017 jene für Asylsuchende aus Afghanistan, da die Behörden in diesem Jahr Asylanträge von Afghan*innen Großteils ablehnten. Die Hälfte der Asylanträge wurde negativ beurteilt.

2018 werden 58% der Asylbescheide in 1. und 2. Instanz negativ entschieden, 36% der Antragsteller*innen erhalten Asyl, subsidiären Schutz oder den humanitären Aufenthaltstitel. Ein Jahr zuvor werden 46% der Asylverfahren positiv entschieden und 43% negativ. Die meisten Asylsuchenden kamen aus Afghanistan (15.140), gefolgt von Syrien (5.910) und dem Irak (4.260). Syrer*innen hat prozentuell die höchste Chance auf einen positiven Asylbescheid (85%).

Im Vergleich mit anderen EU-Staaten ist Österreich an fünfter Stelle bei Asylanträgen gemessen an einem Asylantrag pro 1.000 Einwohner*innen. Mehr Anträge gemessen an der heimischen Bevölkerung gibt es nur in Griechenland, Zypern, Luxemburg und Malta. Österreich ist an zweiter Stelle bei positiven Asylbescheiden, wieder gemessen an 1.000 Einwohner*innen. Nur in Deutschand werden mehr positive Asylbescheide erteilt.

Insgesamt wurden 2015 in der EU 1.322.830 Asylanträge gestellt, 2017 ist die Anzahl auf 649.850 zurückgegangen. In Österreich wurden 2015 88.340 Asylanträge gestellt, 2018 waren es 13.400.

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x  Schwerpunkt „Willkommenskultur und Alltagsrassismus“

In diesem journalistischen Projekt wird die Auseinandersetzung der österreichischen Gesellschaft mit dem Thema Migration beleuchtet. Drei Jahre nachdem das Wort „Willkommenskultur“ in aller Munde gekommen war, haben sich die beiden Journalistinnen Dani Krenn und Lisa Lugerrbauer für den Zeitraum eines halben Jahres intensiv mit diesem Begriff auseinandergesetzt. Ihr Ziel war es, die Willkommenskultur durch die Beleuchtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln eine Kontur zu verleihen. Das Projekt ist mit den zehn verschiedenen Stimmen nicht abgeschlossen, es wird sich mit immer neuen Stimmen zur Willkommenskultur zumindest noch bis Sommer fortsetzen.
 
In zehn Podcasts sprechen sie mit Menschen, die unterschiedliche Aufenthaltstitel haben, mit Vertreter*innen diverser Einrichtungen wie etwa der Diakonie sowie mit Personen, die sich dem Thema wissenschaftlich und folglich soweit wie möglich emotionslos annähern. Aufbereitet werden die einzelnen Episoden mit online beigestellten, aktuellen Statistiken. Denn wenn auch aktuell viele Menschen von der Rechtsberatung für Asylwerber*innen hören, was dies wirklich bedeutet und in welchem großen Zusammenhang dies für einen Rechtsstaat, nicht nur auf moralischer Ebene, von Bedeutung ist, verstehen die Hörer*innen erst nach den Erklärungen des Rechtsexperten der Diakonie, Christoph Riedl. 

Das Format Podcast ist gerade für dieses Thema das passendste, da über die Stimme nicht nur Emotionen und Stimmungen transportiert werden können, sondern es auch den Hörer*innen die Möglichkeit bietet, in ein Gespräch einzutauchen, das sie möglicherweise selbst noch nicht geführt haben, aber wollen. Mit den zehn Podcast-Folgen ermöglichen wir unseren Hörer*innen, sich mit uns und unseren Gesprächspartner*innen an einen Tisch zu setzen.