Immun gegen den Jungen war nur sein Lieblingsopfer: unsere Lehrerin. Sie schrieb seinen Namen so oft ins Klassenbuch, als wäre er ein achter Wochentag. Eine seiner raffinierteren Aktionen war es einmal, ihren Stuhl in der großen Pause mit Uhu einzuschmieren. Dann der Gong zur Stunde, sie setzte sich, klebte mit ihrer hellen Leinenhose fest - und stand mit einem Ratsch wieder auf. Sogar ein paar von den Strebern mussten lachen. Nach ein paar Sekunden wurde es ernst: Die Lehrerin lief schimpfend durch den Raum, "Schämt ihr euch denn nicht?", und blieb vor dem Tisch des Jungen stehen, um ihn in Bad-Cop-Manier zum Geständnis zu bewegen.
Ich dachte: Ja, jetzt! Das ist meine Chance! Endlich kann ich ihm zeigen, was für eine Heldin ich bin, und dann wird er hingerissen sein von mir! "Ich war's!", rief ich mitten in das Verhör. Die Lehrerin sah misstrauisch zwischen uns hin und her, anschließend bestrafte sie mich. Nun stand mein Name im Klassenbuch ganz nah bei seinem. Während ich auf die langersehnte erste Pause mit ihm wartete, malte ich mir unsere Bonnie-und-Clyde-Zukunft aus. Auf dem Schulhof wurde ich von allen anderen für meinen Auftritt verspottet. Und dann kam endlich der Junge - und ignorierte mich. Wie immer. Gelohnt hat sich die Sache trotzdem, allein für das stolze Gefühl während des Klassenbucheintrags: Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich aus Liebe etwas total Idiotisches gemacht.