Auch in München gibt es nun einen verpackungsfreien Supermarkt. Geschrieben habe ich schon oft über diese Läden, etwa als der Vorreiter "Original Unverpackt" noch in der Crowdfunding-Phase steckte. Selbst besucht hatte ich bisher aber noch keinen. Doch nun gibt es keine Ausreden mehr - jetzt werde ich endlich umweltfreundlich einkaufen.
Wochenlang habe ich mich auf meinen Besuch im ersten verpackungsfreien Supermarkt Münchens akribisch vorbereitet: zwei 1-Kilo-Joghurteimer leergegessen und mehrere Eierkartons gehortet. Dann habe ich noch einen Kunststoffeimerchen aufbewahrt, als ich mir in einer schwachen Minute ein Couscous-To-Go gekauft habe. Schließlich habe ich mal wieder meine gut sortierte Sammlung an Leinenbeutel gewaschen.
Gerüstet mit Leinenbeutel und TupperwareGenaugenommen habe ich mich in all diesen Wochen natürlich eher gedrückt, dabei bin ich eigentlich der prädestinierte Ohne-Käufer: schon im Studium habe ich bei diversen Food-Cops mitgemacht, bin ökologisch interessiert, kaufe deswegen ohnehin viel Bio, hab immer meinen zerknüddelnden Leinebeutel in der Tasche und Gemüse und Obst lege ich ohne kleines Plastiktütchen aufs Band - zu Hause muss ich es ja eh waschen. Und dennoch muss ich mich überwinden: das ist ja schon aufwendig, denke ich mir, dann muss ich die ganzen Behälter dahinschleppen und wie geht das denn überhaupt? Wie mir geht es vermutlich vielen Menschen. Was mir dann den letzten Anstoß gibt: Hunger. Meine Vorräte sind entgültig leer: Nudeln, Bulgur, Nüsse, Mehl: ich brauche einfach alles. Und einen dritten Joghurteimer kann ich wirklich nicht gebrauchen. Ich räume also meinen Tupperschrank leer, und mach mich auf zum OHNE in der Schellingstraße.
Der Laden wirkt aufgeräumt und recht steril. Ich schaue mir erstmal an, was es in den zahlreichen Bulkbehältern überhaupt gibt: im Grunde alles was man an Grundnahrungsmitteln so braucht: Mehl, allerlei Nudelsorten, Hülsenfrüchte, Müsli, Nüsse und vieles mehr. Preislich sind die meisten Waren mit anderen (Bio)läden absolut konkurrenzfähig.
Erstmal die mitgebrachten Behälter wiegenHinter der Eingangstür versteckt sich die Waage. Mit ihr wiege ich das Leergewicht meiner mitgebrachten Tupperware und anderer Behälter und schreibe die jeweilige Grammzahl drauf. Erste Handlung: ich fülle meinen ehemaligen Couscous-To-Go-Behälter komplett mit gerösteten Erdnüssen: einfach den Schieberiegel am Bulkbehälter unten öffnen und rieseln lassen. Bei größeren Produkten muss ich vorsichtiger sein, mal verstopft die Schütte, dann kommt so viel, dass mein Behälter fast schon überläuft. Überhaupt ist es ratsam den bereitliegenden Trichter zu verwenden. Aber mit ein bisschen Aufmerksamkeit ist das alles machbar. Der Mann am Bulkbehälter neben mit füllt seinen Grieß in eine leere Grießverpackung. Toll, die Idee ist so einfach, dass ich gar nicht erst darauf gekommen bin.
Wegen der Spaghetti habe ich mir schon im Vorfeld den Kopf znerbrochen. Ich überlege kurz, ob ich doch ein längliches Notfalltütchen für 15 Cent erwerbe, entscheide mich dann aber für meinen mitgebrachten Beutel. Ist ja schließlich gewaschen und die Nudeln werden zuhause gekocht. Die Spaghetti liegen in einer Box, aus der ich die mit der Zange herausnehmen muss. Leider rutschen sie mir heraus und fallen - zum Glück nicht auf den Boden - kreuz und quer wieder zurück an ihren Ausgangspunkt. Mit der Hand anfassen kommt natürlich nicht in Frage, das ist total unhygienisch. Ich schiebe also alle einzeln mit der Zange wieder in ihren Behälter und beim zweiten Anlauf klappt es dann.
Brot, Gemüse, Seife - es ist alles daAn der Theke gibt es Backwaren, ein halbes Brot stecke ich einfach in meinen Beutel. Auch ein kleines Sortiment an Frischeprodukte wie Joghurt oder Milch ist erhältlich; diese Waren befinden sich alle in Glasverpackungen. Ich habe noch ein paar Eierkartons mitgebracht, die ich für andere Kunden dalassen wollte. Darf ich aber leider nicht, klärt mich eine Verkäuferin auf: Hygienevorschriften verbieten das. Das Gemüse stammt von etepetete: die angebotenen Karotten, Kartoffeln und Zucchini schaffen es wegen ihrer Form und Größe nicht in den normalen Handel und würden sonst entsorgt. Auch Reinigungsmittel könnte ich abfüllen, dafür muss man aber die im Laden dafür vorgesehenen Flaschen nutzen. Das hebe ich mir für das nächste Mal auf.
Nun ist doch einiges zusammengekommen: Darunter muss die Frau an der Kasse hinter mir etwas leiden, denn das Wiegen dauert ein wenig. Ich nutze die Zeit, um einen Zettel in die Wunschbox zu stecken. Denn es gibt noch viele leere Bulkbehälter, aus denen ich beim nächsten Mal gerne meine Lieblingsprodukte abfüllen möchte.
Und wiederkommen werde ich ganz sicher. Gut, das mit den Spaghetti muss ich noch üben, aber ansonsten gibt es wirklich keine Ausreden mehr. Klar, der Laden ist kein Vollsortimenter, aber die Auswahl ist doch recht groß. Der Aufwand ist deutlich geringer als ich dachte. Klar: sauber müssen meine Behälter natürlich sein, sonst verdirbt die Ware zu schnell und ein bisschen Zeit sollte man mitbringen. Aber das Abwiegen und Abfüllen macht wirklich Spaß. Das Schöne: ich kann die Menge selbst bestimmen, was gerade für Singles und kleinere Haushalte ziemlich praktisch ist. So ich gehe mit dem guten Gefühl nach Hause, ein Zeichen gegen ausufernde Verpackungen und den zunehmenden Plastikeintrag in die Natur gesetzt zu haben.