Luftverschmutzung ist die umweltbedingte Haupttodesursache in der Europäischen Union. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die die EU-Kommission in Auftrag gegeben hat. Der Entwurf des Papiers liegt der Nachrichtenagentur dpa vor.
Allein im Jahr 2010 starben demnach mehr als 400.000 Menschen aufgrund von Schadstoffbelastung in der Luft. Dazu kämen "erhebliche Krankheiten und Beschwerden, von Asthma bis zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen". Zum Vergleich: Im selben Jahr kamen etwa 35.000 Menschen durch Verkehrsunfälle ums Leben. Wie einzelne Länder dastehen, wertet die Kommission in dem Entwurf nicht aus.
In dem Papier heißt es: "Selbst wenn die bestehende Gesetzgebung voll umgesetzt wird, wird die EU unter sehr erheblichen Folgen für Gesundheit und Umwelt leiden". Die Kommission hat sich deshalb zum Ziel gesetzt: Die Luft über Europa soll sauberer werden. Um das zu erreichen, will EU-Umweltkommissar Janez Potočnik noch an diesem Mittwoch vorschlagen, die Schadstoff-Grenzwerte langfristig zu verschärfen.
Ob eine Verschärfung der bestehenden Gesetze hilft, die Luftqualität zu verbessern, ist umstritten. Bereits jetzt zählen die Grenzwerte in der EU zu den strengsten weltweit. Allerdings sind sie von einigen EU-Mitgliedsstaaten bislang nicht in nationale Gesetzgebung umgesetzt worden oder werden einfach nicht eingehalten.
Bestehende Regeln werden nicht überall eingehaltenDer FDP-Europaabgeordnete Holger Krahmer hält die Entscheidung der EU-Kommission deshalb für einen Fehler. "Die EU-Kommission verschärft Gesetze, bevor die bestehenden umgesetzt sind. Gerade bei der Verbesserung der Luftqualität sollte das Prinzip 'Umsetzung vor Verschärfung' gelten", sagte er.
Potočnik will zwar auf die gründliche Umsetzung bestehender Vorgaben für die Luftqualität pochen. Laut Entwurf will er aber auch weitere Ziele für Verbesserungen bei Gesundheit und Umwelt für die Jahre 2025 und 2030 setzen. Damit dies gelingt, sollen die EU-Staaten sich Ziele für die Reduzierung bestimmter Schadstoffe setzen.
Vom Dieselfahrzeug bis zur Tierhaltung soll neu reguliert werdenNach Ansicht der Kommission gelten viele Bereiche des Lebens und der Wirtschaft als potenzielle Quellen für Luftverschmutzung. So hält der EU-Umweltkommissar nicht nur mehr Anstrengungen in der Industrie für nötig. Auch Landwirte könnten den Schadstoff Ammoniak reduzieren, der in der Tierhaltung oder beim Düngen entsteht.
Ein ungelöstes Problem sind nach Ansicht der EU-Kommission auch Stickstoffdioxide, die von leichten Dieselfahrzeugen in die Luft gepustet werden. Die Stoffe entstehen bei Verbrennungsvorgängen, unter anderem in Motoren. Während der Ausstoß anderer Stoffe gesunken sei, sei die Stickstoffdioxid-Bilanz neuerer Dieselmotoren schlechter geworden.
Die EU-Kommission will hier zwar keine strengeren Vorgaben vorschlagen, mahnt aber Nachrüstungen an. Krahmer hingegen sagt: "Aufwendige Technik ist teuer und wartungsaufwendiger. Das muss in der Luftqualitätspolitik stärker als bisher berücksichtigt werden. Ansonsten sinkt die Akzeptanz besonders ambitionierter Luftqualitätspolitik."