Die Gasse in Vejer de la Frontera ist so uneben, dass ich meinen Rollkoffer trage, statt ihn zu ziehen. Das andalusische Dorf besteht vor allem aus weiß gestrichenen Häusern. Eines davon muss mein Hotel sein. Die Vorfreude steigt - aber auch die typische Spannung, bevor man seine Ferienunterkunft betritt. Wird sie meinen Erwartungen entsprechen? Wird sie das Geld wert sein? Werde ich mich dort wohlfühlen? Als ich eine alte Holztür aufdrücke und einen lichtdurchfluteten Hof betrete, bin ich erleichtert. Dicke Mauern halten den Straßenlärm draußen, die Luft riecht frisch und die Einrichtung ist nach meinem Geschmack: Ein dezenter Landhaustil, pastellige Farben. Und mein Zimmer ist sogar größer als gedacht. Die mühevolle Suche hat sich gelohnt.
Drei Wochen vorher habe ich mich zu der Entscheidung durchgerungen, das Hotel zu buchen. Um 0.22 Uhr. Zuvor hatte ich mich in einer endlosen Recherche verloren. Ich hatte das Buchungsportal Booking.com komplett durchgescrollt, meine Auswahl auf zwei bis drei Optionen eingeengt und diese dann obsessiv miteinander verglichen. Ich hatte ganz viele Bewertungen auf allen erdenklichen Portalen gelesen und konnte mich doch nicht entscheiden. Irgendwann wurde ich müde, gab im Halbschlaf meine Kreditkartennummer ein und buchte endlich. Doch der Zweifel blieb: Hatte ich das richtige Hotel gebucht?
So oder so ähnlich läuft meine Suche nach einer Unterkunft meistens ab. Sie kostet unheimlich viel Zeit und Energie. Das muss doch auch einfacher gehen, sagte ich mir.
1. Die eigenen Bedürfnisse kennenIch frage erstmal einen Profi. Katharina Fenners ist selbstständige Reiseplanerin. Wer keine Zeit oder Lust hat, seine Reise selbst zu organisieren, beauftragt ihre Firma Fenners . Route, Hotel, Ausflüge, das alles plant sie. Dafür kriegt sie einerseits von Reiseveranstaltern eine Provision, andererseits das Honorar ihrer Kunden. Bevor sie Vorschläge macht, müsse sie erst einmal wissen, was die Reisende überhaupt will. "Fast jeder sagt: 'Ich möchte ein schönes Hotel'", erklärt sie. "Aber was heißt das genau? Was ist für diese Person in diesem Urlaub das richtige Hotel?" Ihre Beratung beginnt deshalb mit einem ausführlichen Gespräch.
Fenners erfragt, was jemand als schön empfindet und wie der ideale Urlaub für sie aussieht. Wie waren vergangene Urlaube, die in guter Erinnerung geblieben sind? Und natürlich kommt es auch auf das Budget an. Je weniger Geld jemand ausgeben möchte, desto stärker müsse sie priorisieren. Was ist das Wichtigste? Gerade Leute, die lange nicht mehr gereist sind oder die ihre erste große Reise machen, wüssten das nicht immer so genau. Außerdem würden sie sich oft Dinge wünschen, die man allgemein als "schön" bezeichnen würde - ein Haus auf Stelzen, direkt über dem türkisblauen Wasser zum Beispiel. "Aber vielleicht ist das gar nicht das Richtige für einen", sagt Fenners. "Man hat da kaum Schatten, vielleicht stört einen auch das ständige Plätschern des Wassers." Das macht sie ihren Kunden bewusst. In den 35 Jahren, die sie den Job macht, habe Fenners gelernt, gut zu fragen und gut zuzuhören.
2. PriorisierenNoch bevor ich ein Hotel suche, muss ich also in mich hineinlauschen: Was will ich wirklich? Diesen Schritt mache ich offenbar intuitiv. Meine Andalusien-Reise im April 2022 etwa hatte drei Stationen mit je unterschiedlichen Ansprüchen. Im ersten Ort habe ich ganz bewusst ein Partyhostel gewählt. Ich habe zum ersten Mal alleine Urlaub gemacht und laut den Bewertungen auf Booking.com und kann man in diesem Hostel besonders schnell Leute kennenlernen. Außerdem hatte ich die Beschreibungen und Fotos auf folgende Punkte untersucht: Wie viele Leute teilen sich das Bad? Wie eng stehen die Betten? Hat das Zimmer ein Fenster - in Mehrbettzimmern wird es schließlich schnell stickig? Es stellte sich dann zwar heraus, dass die Matratze sehr dünn war, aber mein Zimmer war sauber und ich lernte nette Leute kennen. Auch bei der nächsten Station meiner Reise setzte ich die richtigen Prioritäten. Das kleine Hotel im Dorf mit den weißgestrichenen Häusern hatte ich mir in dem Wissen gegönnt, dass ich die Woche zuvor in einem Mehrbettzimmer verbracht und meine sozialen Kapazitäten strapaziert haben würde. Mit 80 Euro pro Nacht lag es zwar über meinem geplanten Budget, aber die Rainshower-Dusche und das bequeme Bett waren es wert.
Bewertungen spielen beim Priorisieren auch eine Rolle. Ich persönlich lese sie immer, obwohl ich weiß, dass manche ihren Frust am missglückten Urlaub am Hotelzimmer oder -personal auslassen. Andere dagegen sind so glücklich erholt, dass sie Unschönes ausblenden. Vor allem sollte man darauf achten, was einem selbst wichtig ist. Wenn man für die Workation zum Beispiel WLAN braucht, so wie ich an meiner letzten Station, kann man die Bewertungen über die Tastenkombination Strg + F auf dieses Stichwort hin absuchen. Beschweren sich zwei Leute oder mehr über schlechtes WLAN, bin ich raus.
3. Buchungsportale und InstagramAuf das andalusische Dorf war ich bei Outliers gestoßen, dem Reiseblog der Spanierin Júlia Juste. Auf dem Blog empfiehlt sie weltweit Hotels, Ferienwohnungen und Airbnbs, die meinem Empfinden nach sehr geschmackvoll sind. Meist sind sie mit Vintagemöbeln oder Designermobiliar eingerichtet und haben viel Licht. Vielleicht hat Juste ja einen Geheimtrick? Meine Hoffnung wird prompt enttäuscht: "Ich mach' erst mal das, was alle machen", sagt Juste, "auf Booking gehen". Dort lässt sie via Sucheinstellungen erst mal die Inserate mit einer schlechten Bewertung rausfiltern. "Manchmal hilft es, keine Reisedaten anzugeben, um alle Unterkünfte zu sehen", empfiehlt sie. Einige Hotels zum Beispiel seien zwar auf dem Portal zu finden, aber man könne sie dort nicht buchen. Außerdem sind die Preise auf den hoteleigenen Websites oft günstiger, da sie dann keine Provision an das Buchungsportal zahlen müssen.