Hausen Sportklub Anker startet in die Saison und begeistert Kinder und Jugendliche für das Hobby
Kreischend laufen sie weg. Daniel rennt mit einer Schale hinter seinen Freunden her und bewirft sie mit etwas, das wie Schneeflocken durch die Luft wirbelt. „Jungs, hört auf mit den Maden zu spielen! Kommt mal zusammen!", ruft Christian Phillipp. Der Vorsitzende des Angelklubs Anker, hat die jungen Mitglieder zum ersten Fischen im neuen Jahr am Nidda-Ufer nach Hausen eingeladen. Die Uferstelle kommt einigen Teilnehmern bekannt vor. Mit anderen Angelvereinen hatten sie Müll aus der Nidda geholt. Im vergangenen Jahr erhielt der Club den Stadtteilpreis für das Engagement in Hausen.
Acht Jungen sind an jenem Morgen trotz kühlen Wetters gekommen und bilden einen Kreis um den großgewachsenen Mann mit Fischerhut und Brille. „Holt mal die Jagdwaffen her!", ruft Philipp in spielerischem Befehlston, wobei sein Atem in der kühlen Luft dampft. Nacheinander schaut er sich die Angelruten der Jungen an.
Der zehn Jahre alte Daniel hat seine Angelrute mitgebracht. Er schaut aufmerksam zu, als Philipp den Haken zwischen die Zähne nimmt und die Rute inspiziert. Für den Angelsport begeistert sich der Viertklässler seitdem er vor einem Jahr eine Anglergruppe an einem Teich beobachtet hatte. In Gummistiefeln geht Philipp über dem schlammigen Boden in die Hocke, schiebt den Hut an der Stirn hoch und zeigt Daniel, wo das Problem liegt. „Der Clinchknoten ist hier nicht richtig eingedreht. Siehst du?" Fünf Mal dreht er die transparente Angelschnur ein und hält dann einen Millimeter kleinen Knoten zwischen den breiten Fingern. Über den Angelhaken schiebt er einen Käsewürfel. „Je schlimmer er stinkt, desto besser beißen die Fische an", sagt Philipp und lacht vergnügt.
Wie der Junge hat auch Philipp vor 40 Jahren auf Ludwigshafen mit dem Angeln begonnen, nachdem er Angler beobachtet hatte. „Mein Vater hat sich damals nur deshalb einen Angelschein geholt, weil ich Bub unbedingt angeln wollte", erzählt er. Seitdem habe sich viel verändert, sagt der 49 Jahre alte Rettungssanitäter. Als junger Angler habe er an Winterabenden Haken gebunden und Rollen geölt. „Angeln ist eine Philosophie, eine Lebenseinstellung", sagt er. Heute sei es nicht mehr selbstverständlich, dass die Jugend so Geduld in diesen Sport investiere. Wenn kein Fisch anbeiße, griffen Jugendliche gleich das Smartphone.
Dass es Ausnahmen gibt, beweist der elf Jahre alte Tom. Auf ein Handy verzichtet er bewusst. Etwas abgeschieden von der Gruppe sitzt er am Ufer der Nidda auf einen kleinen Hocker mit Fischerhut und Angelkasten. Durch den Nieselregen und seine Freunde, die mittlerweile wieder Fangen spielen, lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Seine Rute hat er auf Grund ausgelegt. „Die meisten Fische nehmen ihre Nahrung auf dem Grund auf", erklärt er fachmännisch. Vor drei Jahren hat ihm sein Großvater das Angeln beigebracht. Inzwischen besitze er einen Jugendfischereischein. Mit 16 möchte er die staatliche Fischerprüfung ablegen, mit der er auch alleine Angeln gehen kann.
Davon ist der neun Jahre alte Roman noch entfernt. Der jüngste Teilnehmer ist erst seit einigen Monaten dabei. Seine Mutter, Melanie Hingott, hat ihn heute begleitet und hilft ihm seine Angelrute einzustellen. Sie angle zwar nicht, freue sich aber sehr über das neue Hobby ihres Sohnes. „Das Angeln an der frischen Luft hat eine beruhigende Wirkung", sagt die 40 Jahre alte Frau. „Computerspiele und Fernsehen machen es Kindern schwer zu entspannen, wenn sie von der Schule kommen." Beim Angeln sei das anders, sagt sie.
Philipp hilft dem kleinen Roman den Stopper auf der Posenrute auf die richtige Wassertiefe einzustellen. Romans Hoffnung, einen großen Fisch zu fangen, dämpft Philipp jedoch. Bei unter zehn Grad würde kein Fisch anbeißen - schiebt dann aber tröstlich nach: „Ein Angler, der enttäuscht ist, weil er nichts gefangen hat, ist kein Angler." Auf die Naturerfahrung komme es an.
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