8000 Menschen demonstrieren gegen Rassismus. Der Tod von George Floyd bewegt auch die Frankfurter.
Viele strömen am Samstag um kurz nach 14 Uhr noch Richtung Römerberg. Zur Kundgebung „Black lives matter" haben sich Tausende an dem zentralen Platz vor dem Frankfurter Rathaus versammelt. An den Zugängen staut es sich. Ein Polizist schätzt die Teilnehmendenzahl auf etwa 8000. Wie am Vortag auf dem Römerberg sowie am Mittwoch an der Hauptwache demonstrieren Menschen in der Innenstadt gegen Polizeigewalt und Rassismus anlässlich des Todes von George Floyd, der in den USA Ende Mai von Polizisten bei einer Kontrolle getötet wurde.
Viele der meist jüngeren Teilnehmenden sind, einem Aufruf der Veranstalter folgend, in Schwarz gekleidet gekommen. Bis auf wenige Ausnahmen tragen die meisten Schutzmasken und halten Abstand zueinander - so gut es geht. Auf handbemalten, meist englischsprachigen Pappschildern ist zu lesen: „Hands up means don't shoot" (Hände hoch heißt: nicht schießen), „They tried to bury us, they didn't know, we were seeds" (Sie versuchten uns zu begraben, sie wussten nicht, dass wir Samen sind), „Enough is enough" (Genug ist genug) und „We are the grandchildren of slaves, that you couldn't kill" (Wir sind die Enkel der Sklaven, die ihr nicht töten konntet).
Eigentlich war zum stillen Protest aufgerufen worden. Doch nach knapp neun Minuten des Schweigens - so lange hatte Floyd um sein Leben gerungen - hallt aus den Seitengassen zum ersten Mal an diesem Tag „No justice, no peace" (Keine Gerechtigkeit, kein Frieden) über den Platz rund um den Justitiabrunnen. Ohne Absprache gehen danach fast alle Teilnehmenden für einige Momente in die Knie. Stille. Als ein erster kurzer Regenguss einsetzt, bleiben die meisten an Ort und Stelle. Schirme werden aufgespannt, bis der Regen vorüber ist.
Nachdem Oberbürgermeister Feldmann (SPD) seine Rede begonnen hat, fängt es wieder an zu regnen und zwar heftig. „Schwarzes Leben zählt", sagte Feldmann. „Wir haben kein Verständnis für Hass und Rassismus." Es gebe die, die „feuchte Augen bekommen, wenn die Nationalgarde gegen schwarze Menschen vorgeht". Laute Buhrufe folgen. Und es gebe die, die „aus Respekt niederknien". In „stiller Anteilnahme" fordert er auch die Demonstranten auf, ein zweites Mal in die Knie zu gehen. Auch er kniet sich hin. Einige recken dazu Fäuste in die Luft. Danach: aufbrandender Applaus, der in rhythmisches Klatschen übergeht.
Eine Rednerin ruft: „Wer auf ‚black lives matter' mit ‚all lives matter' antwortet, hat das Problem nicht verstanden." Natürlich gebe es weitere drängende Ungerechtigkeiten zu bewältigen, trotzdem: „Wenn wir heute hier stehen, dann, um den Fokus auf ein akutes Problem zu legen, das ist das, was uns Probleme lösen lässt."
In der Limpurgergasse steht Zeze Ikhinmwin mit ihrem Partner Martin Eglseder. Die 31-Jährige sagt auf Englisch: „Black lives matter ist ein weltweites Problem und zeigt sich nicht nur in den Vereinigten Staaten." Sie habe mit vielen Menschen bei der Demonstration gerechnet und sei froh, dass noch mehr gekommen seien, als sie erwartet habe. Ihr 38-jähriger Partner sagt: „Auf jeden Fall ist es wichtig, dass diese Bilder weltweit gezeigt werden."
Benjamin Brendel aus Oberursel hält ein Pappschild mit der Aufschrift „Fuck Racist Cops" in der Hand. Der 20-Jährige sagt, er wolle „Solidarität mit Mitbürgern" zeigen. Weiter hinten steht Angelika Schäfer. Die 30-jährige Frankfurterin sagt: „Dadurch, dass ich als Afrodeutsche selbst weiß, was es heißt von Rassismus betroffen zu sein, habe ich den Tod von George Floyd zum Anlass genommen, auf die Straße zu gehen." Sie sei „total überwältigt, dass so viele Menschen gekommen" seien. „Mir geht das emotional positiv nah."
Am Samstagabend ziehen noch einmal rund 5000 Demonstranten durchs Frankfurter Gallusviertel. Proteste gibt es auch in Wiesbaden (500 Teilnehmer), Kassel (3000) und Fulda (1000).