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Trotz wummernder Bässe keine Loveparade

Berlin: Am Samstag zieht der „Zug der Liebe" durch die Hauptstadt - die Organisatoren bezeichnen ihn als politische Demonstration, nicht als Loveparade-Nachfolger

Archiv-Artikel vom Freitag, den 24.07.2015

Berlin. Schon im Vorfeld sorgt diese Veranstaltung für Verwirrung. Es geht um eine Art Parade mit mehreren Wagen, die quer durch Berlin zieht und auch noch Liebe im Namen trägt. Dazu wummernde Bässe und Menschen, die zur Musik auf den Straßen tanzen. Kein Wunder, dass einen das an die Loveparade erinnert, die so tragisch endete. Vor allem, da "Der Zug der Liebe" morgen beinahe auf den Tag genau fünf Jahre nach der Katastrophe in Duisburg mit 21 Toten stattfinden wird.

Aber der Zug der Liebe soll kein Nachfolger der Loveparade sein. Die Organisatoren distanzieren sich vehement davon. "Das wäre pietätlos", sagt Jens Schwan, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Dazu hätten sie auch den Angehörigen der Opfer von Duisburg geschrieben. Der Zug der Liebe soll eine Demonstration sein, eine politische Veranstaltung - mit Musik, weil man so mehr Menschen erreiche.

14 Wagen werden am Samstag nach einer Kundgebung um 14 Uhr zehn Kilometer durch Berlin rollen. Jeder Wagen ist einem Club, Plattenlabel oder Musikveranstalter zugeordnet sowie einem gemeinnützigen Verein. Letzterer soll sich auf dem Wagen präsentieren können. "Wir wollen mit dem Zug die Vereine unterstützen", sagt Martin Hüttmann, der die Idee zur Demo hatte.

Für genügend Sicherheit gesorgt

Bei den Vereinen handelt es sich zum Beispiel um Sea Watch, die Berliner Tiertafel und einen Straßenkinder-Verein. Sie setzen sich für Menschenrechte und Nächstenliebe ein, gegen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie. "Wenn man das alles zusammenbringen will, landet man immer bei dem Wort Liebe", sagt Martin Hüttmann. Er findet den Namen gar nicht so ähnlich wie Loveparade. "Wir haben es ja nicht Parade der Liebe genannt."

Dass die Veranstaltung fünf Jahre und einen Tag nach der Katastrophe von Duisburg stattfindet, sei ebenfalls Zufall. Bei der Demo wird es keine Werbung und kein Sponsoring geben, das lehnen die Veranstalter ab. "Wir setzen ein Zeichen und zeigen, dass unsere Generation nicht nur ein hedonistisches, unpolitisches und konsumgeiles Feiervolk ist", heißt es auf ihrer Internetseite.

Das komme bei manchen negativ an, wie Organisator Schwan berichtet: "Wir werden in Kommentaren auf Facebook angefeindet, weil wir keine neue Loveparade sind. Manche kritisieren, dass die Veranstaltung politisch ist." Morgen werden etwa 15 000 Menschen erwartet.

Für Sicherheit sei gesorgt: "Wir haben weitaus mehr Ordner pro Wagen, als wir eigentlich müssten." Die gesamte Strecke sei mit der Polizei abgestimmt worden. Technopionier und Erfinder der Loveparade, Dr. Motte, möchte zum neuen Zug der Liebe kein Statement abgeben. Er besuchte gestern und heute Gedenkveranstaltungen für die Opfer der Loveparade 2010.

© Mannheimer Morgen, Freitag, 24.07.2015

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