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Feature

Ein Leben für den Super-8-Film

Ernst Meyer zeichnet seit über 50 Jahren zahlreiche historische Ereignisse in Wunsiedel mit seiner Filmkamera auf. Zusammen mit dem Medienzentrum des Landratsamts gibt er sie nun auf DVD heraus.


Wunsiedel - Kaum drückt Gerhard Herold den Start-Knopf auf seinem DVD-Player, nimmt er den Zuschauer im Medienzentrum des Landratsamts mit auf eine Zeitreise in die Geschichte Wunsiedels. Man meint, man müsste das Surren der alten Super-8-Filmstreifen hören, wie sie durch den Projektor sausen, doch die DVD läuft nur leise vor sich hin. Moderne Technik und Tradition vereint.

Sein ganzes Leben hat der Wunsiedler Ernst Meyer Aufnahmen des Stadtlebens mit seiner Filmkamera gemacht. Sie zeigen Emotionen, rauschende Feste und Ereignisse, die sich so manchem Zuschauer ins Gedächtnis eingebrannt haben, und die auch Mayer auf seinen Zelluloidrollen festgehalten hat.

Im Landratsamt stellten Mayer und Herold nun den dritten Teil ihrer Serie "Wunsiedler Straßen erzählen" vor. "Das ist erlebte Zeitgeschichte", sagt Herold. Meyers Bilder entspringen direkt aus dem Geschehen, zeigen den Brand des Gasthofs Reinl in Sichersreuth aus erschreckender Nähe oder begleiten die letzte Fahrt des Wunsiedler Aschewagens.


"Die Faszination war das Filmen an sich und das Gestalten.
Wunsiedel stand mir schon immer nahe."


Mit markigen Worten vertont Meyer seine Aufzeichnungen, gibt Hintergründe über die dargestellten Ereignisse und auch die eine oder andere Spitze hat sich in die Audiospur geschlichen. Die passende Musik, mal fröhlich, mal getragen, untermalt den Film.

Auf die Frage, was ihn all die Jahre reizte die Ereignisse festzuhalten, muss Ernst Meyer nicht lange überlegen. "Die Faszination war das Filmen an sich und das Gestalten", sagt er. "Wunsiedel stand mir schon immer nahe." Lange Jahre betrieb er eine Drogerie am Luitpoldplatz und bezeichnet sich selbst als heimatverbundenen Menschen. Da war es für ihn selbstverständlich, mit seiner Super-8-Kamera draufzuhalten.

Auf seiner DVD reihen sich auch viele fröhliche Ereignisse aneinander. Etwa der Besuch des Zirkus Krone im Jahr 1973. Elefanten ziehen auf Ernst Meyers Bildern über die Wunsiedler Luitpoldstraße und werden von lachenden Kindern begrüßt. Auch die Aufzeichnungen vom Wunsiedler Wiesenfest oder den Feierlichkeiten zum Stadtjubiläum wohnt ein ganz eigener Charme inne, wie es ihn mit den heutigen, oftmals sterilen Bildern der Digitalkameras wohl nicht mehr gibt.

Jedes Rauschen, jedes Flackern gibt Ernst Meyers Aufnahmen Authentizität und zieht den Betrachter förmlich in die Bilder hinein. Im neuesten seines zusammen mit dem Medienzentrum im Landratsamt produzierten Film grüßen den Betrachter des Jahres 2013 bekannte Gesichter. "Wunsiedel war eine der wenigen Städte, die von allen Bundespräsidenten besucht wurde", sagt Ernst Meyer in seinem Audiokommentar.

So grüßt Walter Scheel vor dem Hotel Kronprinz von Bayern in die Kamera. Meyers Bilder geben einen Eindruck vom ehemaligen Glanz des ersten Hauses am Platz. Der Ministerpräsident Franz-Josef Strauß ist auf Meyers Bildern ebenso zu sehen wie sein Amtsvorgänger Alfons Goppel - jeweils vor dem Kronprinzen.

"Das sind schöne Erinnerungen an alte Zeiten", sagt Gerhard Herold. Gerne würde er mit dem Medienzentrum zusammen noch viel mehr solcher DVDs produzieren und ist daher auf das Material weiterer Hobby-Filmer angewiesen.

Aber: Filmen war damals ein teures Hobby. "Die Minute Film müsste um die 20 Mark gekostet haben", mutmaßt Gerhard Herold. Dennoch hofft er, dass noch weitere Filmer so enthusiastisch waren wie Ernst Meyer und sich beim Medienzentrum melden, und so noch viele weitere Filme das ganz besondere Flair eines Super-8-Streifens - auch auf einer DVD - verbreiten können.


http://www.frankenpost.de/lokal/fichtelgebirge/wunsiedel/Ein-Leben-fuer-den-Super-8-Film;art2460,2982958