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Weltmeister Selby: Erst Tragödie, dann Triumph

Snooker-Weltmeister Mark Selby jubelt mit Frau und Kind

Auf dem Weg zu seinem dritten WM-Titel musste Snooker-Champion Mark Selby erneut einen persönlichen Rückschlag verkraften. Nun gilt er als einer des Größten seines Sports.

Mark Selby nahm seine Frau Vikki und seine kleine Tochter Sofia in die Arme und kämpfte kurz mit den Tränen. "Wir haben Vikkis Vater vor einem Jahr verloren, daher fehlt heute ein weiterer Teil unserer Familie", sagte der alte und neue Snooker-Weltmeister nach dem 18:15-Finalsieg gegen John Higgins über den Tod seines Schwiegervaters: "Ich glaube, er hat auf mich geschaut. Nun nimmt er einen Drink mit meinem Dad."

Die Geschichte Selbys ist die Geschichte eines Sportlers, der auf persönliche Schicksalsschläge mit außergewöhnlichen Leistungen antwortet. Aufgewachsen in einer Arbeitersiedlung im englischen Leicester, verließ ihn seine Mutter, als er acht war. Sein Vater starb an Krebs, da war Selby gerade 16. Ihm widmete er seinen ersten Titel 2014, nun ist er dreimaliger Weltmeister im Sport der Edelmänner.

"Ich kam ja buchstäblich aus dem Nichts, mein Vater hatte nichts. Ich habe jeden Tag trainiert, viele Opfer gebracht, und nun verdiene ich im Jahr eine Million Pfund. Unglaublich", sagte der 33-Jährige mit dem ersten Siegerbier in der Hand.

Selby avanciert zum Comeback-King

Auch im Finale gegen den Schotten Higgins zeigte Selby Nehmerqualitäten - und gilt nun als einer der größten Comeback-Kings seiner Sportart. Der "Jester from Leicester" hatte am ersten Tag bereits mit 4:10 zurückgelegen. Danach gewann er zwölf der nächsten 14 Frames und ebnete den Sieg.

"Ich kann es kaum glauben. Gestern hat John mich dominiert, heute bin ich frisch zurückgekommen und war deutlich besser", sagte er während der Pokalübergabe im Crucible Theatre in Sheffield.

Einen größeren Rückstand hatte zuletzt der Nordire Dennis Taylor im epischen WM-Finale 1985 gegen Steve Davis (18:17 nach 0:8 und 1:9) in einen Sieg ummünzen können. Zudem ist Selby erst der vierte Spieler nach den Snooker-Legenden Davis, Stephen Hendry und Ronnie O'Sullivan, der seinen WM-Titel in der Crucible-Ära (seit 1977) erfolgreich verteidigte. Mit drei Titeln in vier Jahren ist er angekommen im Snooker-Olymp.

Großes Lob von Legende O'Sullivan

Auch seine Konkurrenten verneigten sich vor Selby, der die Weltrangliste seit 116 Wochen anführt. "Wenn du gewinnen willst, musst du spielen wie Selby. Er verkörpert das moderne Spiel", schrieb Superstar O'Sullivan, der im Viertelfinale am Chinesen Ding Junhui gescheitert war, auf Twitter. Der ehemalige Weltmeister Shaun Murphy ergänzte: "Darum ist er die Nummer eins. Wir alle müssen unser Spiel verbessern."

In der Schlussphase der dramatischen Begegnung lochte Selby eine halbe Stunde lang keinen Ball, zudem brachte ihn eine strittige Schiedsrichterentscheidung kurz aus dem Tritt. Doch im vorletzten Frame gelang ihm ein riskanter Einsteiger und ein technisch hochanspruchvolles 131er-Break als Meisterstück. "Vielleicht war es wirklich eines der größten Finals", sagte er selbst noch ein wenig ungläubig.

Wie im Vorjahr stellte Selby seine zweijährige Tochter zum Familienfoto neben den Silberpokal auf den Tisch: "Sie ist nun alt genug, um es ein wenig zu verstehen." Dann warf Sofia den Fotografen zum Abschied einen Handkuss zu.

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