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Rickshaw Run in Nordindien: Abenteuer statt Erleuchtung

So eine Autorikscha sieht wild aus: drei Räder, eine wackelige Rückbank in einer bunt bemalten Blechkabine und ein Zweitakt-Dieselmotor. Wegen dessen lautem Motorengeräusch nennt man sie auch Tuk-Tuk. Ein passender Name - und der Lärm wird zwei Wochen lang Alltag für vier Deutsche aus Frankfurt am Main und Mannheim.

Am Ostermontag tuckern sie los: Ulf Petri, 34, Maria Pfafferodt, 30, Jan Hartmann, 38, und Mircea W. Gutu, 38, als Team unter dem Namen " Karma Run e.V.". Die vier nehmen am Charity-Rennen "Rickshaw Run" im Norden Indiens teil und wollen die insgesamt etwa 2700 Kilometer überwiegend in einer landestypischen Autorikscha verbringen.

Eigentlich lässt sich der Gast in einer Rikscha ja von einem Fahrer durch das mitunter enge Straßengewirr der Großstädte Indiens bugsieren. Beim Rickshaw Run nehmen die teilnehmenden Teams aus aller Welt die Lenkstange selbst in die Hand. Dreimal im Jahr findet das Rennen statt, 2006 zum ersten Mal.

Für solche Veranstaltungen typische Checkpoints gibt es auf der Strecke von Jaisalmer nach Shillong allerdings nicht: "Start- und Zielpunkt und die Dauer, also etwa zwei Wochen, sind von den Veranstaltern festgelegt", erklärt Ulf Petri. Was dazwischen passiert - beispielsweise welche Orte die vier Deutschen besuchen werden oder wo sie schlafen und essen - steht ihnen frei.

Zum ersten Mal in Indien

Ihre erste Rennerfahrung ist es nicht, erzählt Petri weiter: "Jan und Mircea waren bereits vor einigen Jahren bei der Allgäu-Orient-Rallye dabei. Dazu haben wir uns in diesem Jahr eine Alternative gesucht und sind auf den Rickshaw Run gestoßen." Auch die Aufgabenverteilung steht dank bisheriger Erfahrungen bereits grob fest, erklärt Petri.

Sein Mitfahrer Mircea Gutu, eigentlich Kommunikationsdesigner, kümmert sich während des Aufenthalts um die Fotos und Videos, Petri als Koch um das leibliche Wohl, und Künstler Jan Hartmann und Projektmanagerin Maria Pfafferodt bringen die Erfahrung mit. Das einzige weibliche Teammitglied ist bereits seit einigen Jahren als Backpackerin, auch in Asien, unterwegs. Nur fahren, das wollen eigentlich alle, sagt Petri.

Sie haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Indien ist absolutes Neuland für sie - genau wie die Reise in der Autorikscha. Ulf Petri ist zuversichtlich: "Ich glaube, so schwer wird das nicht. Ich bin im Leben schon oft genug Mofa gefahren." Und wenn mal was kaputt geht? "Unsere Bekannten, die schon dort waren, sagen alle, dass die Menschen in Indien sehr freundlich und hilfsbereit sind. Ich hoffe also, irgendjemand hilft uns, wenn tatsächlich etwas schiefgehen sollte", sagt er.

Inspiriert von den Indien-Erfahrungen im Freundeskreis ist nicht nur die Zuversicht, sondern auch die Vorfreude groß. Hartmann erzählt: "Klar fahren wir die meiste Zeit unser Tuk-Tuk, aber es bleibt doch wahrscheinlich viel Zeit für Abenteuer." Außerdem hofft er als Künstler auf Inspiration für seine Bilder und Installationen.

Maria Pfafferodt sagt, sie will geplant planlos an ihre Grenzen gehen und dabei ein authentisches Indien kennen lernen. Koch Petri ist darüber hinaus sehr an den kulinarischen Genüssen des südasiatischen Landes interessiert.

Wirkliche Befürchtungen hat niemand in der Gruppe, eher Respekt vor den alltäglichen Herausforderungen: "Interessant wird für mich wohl der Linksverkehr werden. Und fliegende Insekten, aber das ist eher so eine persönliche Phobie von mir", meint Gutu.

Post vom Taj Mahal

Hinter dem Rickshaw Run steht die britische Firma The Adventurists, die für ihr Rennen mit dem Slogan wirbt: "Es ist keine spirituelle Erleuchtung, aber ein Riesenspaß". Seit 2006 organisiert sie das Charity-Rennen quer durch Indien. Auch andere Events werden von ihnen konzipiert und betreut, unter anderem die Mongol Rallye - ein Rennen mit schrottreifen Autos, welches jedes Jahr von Europa in die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar führt.

Ebenso wie bei dieser liegt dem Rickshaw Run im Kern ein Wohltätigkeitsgedanke zugrunde. Die Hälfte der für den Start benötigten Gebühren in Höhe von etwa 2200 Euro pro Person kommt der Nichtregierungsorganisation Cool Earth zugute, die sich weltweit gegen die Abholzung des Regenwalds einsetzt.

Das findet auch das deutsche Team gut und beteiligt sich mit seiner Idee des "Hug Mahal" am Spendensammeln. Vom berühmten Mausoleum Taj Mahal aus wollen sie von Fans und Freunden vorgeschriebene Texte per Postkarte an einen Empfänger der Wahl schicken. Das kostet fünf Euro - Geld,, mit dem sie zum Teil ihre Startgebühr refinanzieren, das zum Teil aber auch Cool Earth und schließlich dem Klimaschutz hilft.

Das Konzept des Rickshaw Run ist ein Erfolg. Die Teilnehmerzahlen steigen stetig: Im ersten Jahr der Veranstaltung, 2006, meldeten sich 34 Teams an - 2013 waren es schon 74 Gruppen. Offizielle Zahlen zum jetzt stattfindenden Rickshaw Run gibt es noch keine. Besonders die Mischung aus Abenteuer, Exotik und gutem Zweck ist für viele attraktiv, die sich der Vorhersehbarkeit einer Pauschalreise entziehen wollen.

Die beschränkte Kontrolle der Veranstalter und die steigende Beliebtheit birgt allerdings auch ein gewisses Risiko. 2013 etwa war ein britisches Team in einen Unfall verwickelt, bei dem ihre Autorikscha von der Straße abkam und sich überschlug. Der Unfall ging glimpflich aus: Die drei Teilnehmer wurden noch am selben Tag mit leichten Verletzungen aus dem Krankenhaus entlassen.

Das Team Karma Run befürchtet solche Zwischenfälle nicht. Für sie stehen das Abenteuer und die hoffentlich einzigartigen Erlebnisse der zweiwöchigen Reise im Vordergrund. Da sind die vier Amateur-Rikschafahrer - zumindest jetzt noch - einer Meinung.

Nach dem Ende des Rickshaw Run werden wir über den Verlauf für das Team "Karma Run e.V." berichten. Das Team selbst stellt sich hier in seinem Blog und auf Facebook vor. Informationen zum zwischen dem 6. und 18. April in Nordindien stattfindenden Rikschaw Run finden Sie hier.


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