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Abgeschiedene Stämme in Burma: Der Fisch schmeckt vom Kopfe her

Er taucht aus den Fluten auf und freut sich - mit einen Fisch zwischen den Zähnen. Der erfolgreiche Jäger gehört zum Volk der Naga, zu denen mehr als 30 Stammesgruppen in der Grenzregion zwischen Indien und Burma zählen. Noch leben sie dort weitestgehend isoliert im Bergland, doch die abgeschiedene Welt der Naga ist im Wandel.

"Ich wollte das Leben der Naga dokumentieren, bevor sich ihre Kultur dramatisch verändert und die alten Traditionen verschwunden sind", sagt Soe Zeya Tun, Fotograf aus der burmesischen Stadt Yangon. Er hat einen der Naga-Stammesverbände im Nordwesten von Burma besucht, 120.000 Mitglieder des Volks der Krieger und Kopfjäger leben dort in einer eigenen Verwaltungszone in der Sagaing-Division.

"Es gab so gut wie keine Fotos von ihrem Alltag, deswegen wollte ich dorthin", berichtet Soe Zeya Tun im Fotoblog der Nachrichtenagentur Reuters. "Noch leben sie in abgeschiedenen Dörfern, meist ohne Telefonanschluss, ohne Bus- oder Straßenanbindung." Das werde sich bald ändern. Die burmesische Regierung plant, im Rahmen der Modernisierung des Landes die Infrastruktur auszubauen.

Neue Häuser für die Naga, Straßen und Buslinien sind vorgesehen. "In vielleicht zwei Jahren wird ein Großteil der Naga ein Mobiltelefon haben", sagt der Reuters-Fotograf. Zwei große Telekommunikationsfirmen planen bereits den Anschluss des Stammesgebiets an das Mobilfunknetz.

Noch sind das Pläne. Noch leben die Naga der Sagaing-Division in kleinen dörflichen Stammesgemeinschaften. Jagd und Fischfang bestimmen den Alltag.

Traditionell fischen sie mit selbst geknüpften Netzen oder geben ein spezielles Pflanzengift ins Wasser, um die Fische zu betäuben und sie leichter zu fangen. Einige der Naga nutzen neuerdings auch Dynamit, die von der Explosion bewusstlosen Fische sammeln tauchende Fischer anschließend ein - wie der Mann, der den Fisch zwischen den Zähnen hält. Die Fangmethode hinterlässt allerdings tiefe Spuren am empfindlichen Ökosystem der Region.

Moderne und Tradition, beides gehört bereits zum Leben der Naga. Einerseits verzieren sie ihre Häuser noch immer mit Jagdtrophäen - vor der Christianisierung im 19. Jahrhundert waren das die abgetrennten Köpfe verfeindeter Stammeskrieger, heute die Schädel von erlegten Tieren. Andererseits trägt ein Großteil der männlichen Naga dabei mittlerweile moderne Hosen, und nicht mehr den traditionellen Lendenschurz.

Kaum verändert hat sich hingegen das gemeinschaftliche Rauchen von Opium. Auf einem Jagdausflug etwa wird das Rohopium in den Mohnfeldern der Region gesammelt, vorbereitet und in der Gruppe mit traditionellen Bambuspfeifen konsumiert. Das Rauchen ist reine Männersache, Frauen nehmen nicht teil.

Zur Tradition gehört auch Gastfreundlichkeit. Die bleibt Soe Zeya Tun trotz aller Abgeschiedenheit besonders im Gedächtnis: "Als wir endlich in ihrem Dorf ankamen, wurden wir sehr herzlich begrüßt", sagt er. "Es verbreitete sich, dass wir aus dem Zentrum des Landes gekommen waren. Die Naga hießen uns willkommen und brachten uns Wild für das Abendessen."

Nur eines wünschten sie sich: "Beim Abschied fragten sie mich, ob ich beim nächsten Mal Fotoabzüge mitbringen könnte." Soe Zeya Tun hofft, wiederkommen zu können.


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