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Hochplateau von Roraima: Berg der Dinosaurier

Schroffe Steinformationen, Flechten, Orchideen und Insekten, dazu ständiger Nebel und Regen: Auf dem Roraima-Tepui fühlte sich Carlos Garcia Rawlins wie in eine Zeit versetzt, in der jeden Moment ein Tyrannosaurus Rex um die Ecke biegen könnte: "Man kommt sich vor wie bei den Dreharbeiten zu 'Jurassic Park'."

Der Reuters-Fotograf war für eine Reportage zu dem 2810 Meter hohen Tafelberg im Dreiländereck zwischen Venezuela, Brasilien und Guyana aufgebrochen. Schon die Anreise war ein Abenteuer: "Nach dem Flug von Caracas nach Puerto Ordaz fuhren wir für Stunden durch den Süden Venezuelas, in Richtung 'Gran Sabana', einer unglaublichen, 18.000 Quadratkilometer großen Ebene am Rande des Berglands von Guyana", berichtet Rawlins im Fotografen-Blog von Reuters. Die Savannenlandschaft ist eine der ältesten geologischen Formationen der Erde.

Einzigartig ist auch der etwa 160 Millionen Jahre alte und bis zu 15 Kilometer lange Roraima-Tepui selbst. Auf dem isolierten Hochplateau haben sich in der Vergangenheit Tier- und Pflanzenarten entwickelt, die sich an keinem anderen Ort der Welt finden lassen: Fast 80 Prozent der Flora und Fauna sind endemisch. Grund dafür sind die bis zu 600 Meter hohen Steilwände, die eine natürliche Barriere bilden, und das für das tropische Land erstaunlich kühle Klima mit rund zehn Grad Celsius.

Für die indigene Bevölkerung, den Pemón, gilt der Berg als "Heimat der Götter" und als heiliger Ort. Nie versuchten sie, ihn zu besteigen. Zu groß war die Furcht vor Ungeheuern, die sich nach ihren Mythen dort tummeln sollen. Den Briten und "Sherlock Holmes"-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle inspirierten Berichte von Forschungsreisenden zu seinem Roman "The Lost World". 1912 erschien die fantastische Geschichte über eine vergessene Welt auf einem Hochplateau, voller Dinosaurier und prähistorischer Pflanzen.

"Extreme Stille, furchterregende Klippen, Nieselregen und dichter Nebel sind deine ständigen Begleiter", schreibt Rawlins, der aus der venezolanischen Hauptstadt Caracas stammt. Aber nicht die einzigen: Mehrere Tausend Touristen begeben sich mittlerweile jedes Jahr auf das Plateau, vor ein paar Jahren waren es nur ein einige Hundert. Viele laufen den sechstägigen Trek durch die Gran Sabana, manche nutzen Aufstiegshilfen: "Nach drei Tagen Wanderung für mich und einigen Helikopterflügen für sie habe ich mich einer japanischen Reisegruppe angeschlossen. Mit denen habe ich dann auch den Rest des Trips verbracht."

Vor allem zur Hochsaison an Ostern und Weihnachten stauen sich die Wanderer auf den schmalen Bergpfaden zum Gipfel. Das führt zwar zu steigenden Tourismuseinnahmen, auch für die lokale Bevölkerung - aber auch zu Problemen. Abfall bleibt in der sensiblen Landschaft liegen, und die vielen Menschen üben einen enormen Druck auf das Ökosystem aus. Einige fordern eine strikte Begrenzung der Trekking-Touristen.

Am liebsten ist Rawlins die Ruhe, die sich am Abend einstellt: "Nachdem jeder im Camp im Bett lag, habe ich die Kamera ausgepackt und den Nachthimmel in einiger Entfernung in kompletter Dunkelheit und mit langer Belichtungszeit fotografiert", erinnert er sich. "Ich habe versucht, die Schönheit der Sterne und die Tafelberge am Horizont einzufangen." Es ist ihm gelungen.


cpo


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