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Campus Sankt Georgen: Abstellkammer wird zur Kapelle

Prunkvolle Heiligenbilder zieren eine neue byzantinisch-orthodoxe Kirche auf dem Campus Sankt Georgen. Die Kapelle bietet künftig Platz für 40 Gläubige.

Oleg Kuzenko steht seit zwei Wochen jeden Tag von morgens sieben bis abends zehn Uhr in einem kleinen Raum im Priesterseminar. Dort bemalt er die Wände und die Decke eines 42 Quadratmeter großen Raums. Er diente früher als Abstellkammer. Nun entstehen dort Abbildungen von Christus, Maria oder Johannes dem Täufer: die Abstellkammer soll zur Kirche werden. Sie gehört zum Priesterseminar der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in der Offenbacher Landstraße.

Dort lässt Michael Schneider, Professor für Dogmatik und Liturgiewissenschaft, die Kapelle nach byzantinisch-orthodoxem Vorbild einrichten. Es soll eine Gottesdienststätte für orthodoxe Katholiken der Ostkirchen werden.

Orthodoxe Kirchen sind gewöhnlich mit prunkvollen Abbildungen Heiliger ausgestattet, den Ikonen. In der Kapelle im Priesterseminar hat Oleg Kuzenko die Ikonen gemalt. Für die Bilder an der Decke stand der Künstler aus Regensburg mit ukrainischen Wurzeln auf einem Gerüst, den Kopf in den Nacken gelegt. „Da hatte ich schon Schmerzen im Genick, aber im Liegen hätte ich die Farbe nicht mischen können", sagt Kuzenko. Dafür leuchtet nun der Mantel von Johannes dem Täufer in kräftigem Türkis, Christus strahlt in hellem Beige und Gold. Für die Gemälde an Wänden und Decke hat Kuzenko Acrylfarbe verwendet. Die Ikonenbilder auf Holz und Leinwand malte er klassisch mit Eitempera.

Einweihungsgottesdienst dauert drei Stunden

Die Kapelle ist nur 42 Quadratmeter groß, soll aber während der Messe trotzdem Platz für rund 40 Gläubige bieten. Das geht ganz einfach dann, wenn die Gläubigen während des Gottesdiensts stehen. So ist es Brauch im byzantinischen Ritus. Nur an den Wänden gibt es schmale Bänke aus Kirschholz, die einigen Kirchgängern kurze Pausen im Sitzen ermöglichen. Das ist auch nötig, denn die Messe nach byzantinischem Ritus kann doppelt oder sogar dreimal so lange dauern wie eine katholische Feier.

Der Einweihungsgottesdienst in der kommenden Woche wird in abgespeckter Form immer noch mindestens drei Stunden dauern. „Es geht vor allem um Wiederholungen, damit sich die Gebete tiefer ins Herz setzen", sagt Michael Schneider. Zudem wird die Liturgie gesungen, nicht gesprochen.

„Besonders Kindern gefällt diese Form des Gottesdienst, denn es gibt viel zu erfassen", so Schneider. Das ist auch in der neuen Kirche mit dem Titel „Vom Heiligen Kreuz zu Jerusalem" der Fall: Bilder Heiliger mit Heiligenschein aus Blattgold, ein vergoldeter Lüster und ein Altar aus massivem Kirschholz mit Schnitzereien schmücken den Raum.

In einer Zeit der Not von Flüchtlingen, sind da Prachtausgaben für eine Kirche, die eng mit den Melkiten, einer Christengemeinde in Syrien verbunden ist, angebracht? Diese Frage stellte sich Schneider selbst. Er entschied sich aber, die Kapelle einrichten zu lassen, nachdem die Erlaubnis aus Limburg kam - Sankt Georgen gehört zum Bistum. Wie viel die neue Kirche gekostet hat, dazu konnte Schneider nichts sagen.

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