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Kanaren erschüttert über deutsche Reisewarnung | BR

Die deutsche Reisewarnung für die Kanaren hat auf der Inselgruppe Bestürzung ausgelöst. Die Regionalregierung und die Tourismusbranche befürchten, dass nun kaum mehr ein Tourist aus Deutschland nach Teneriffa, Fuerteventura und Co. reist.

Tourismusministerin: "Sehr schlechte Nachricht!"

Die kanarische Tourismusministerin Yaiza Castilla fand am Abend deutliche Worte: Die Meldung aus Deutschland sei eine "sehr schlechte Nachricht" für die Inselgruppe. Sie rief die Menschen auf der Inselgruppe außerdem dazu auf, die Corona-Maßnahmen ernst zu nehmen; nur so könne sich die Wirtschaft erholen, deren wichtigster Motor der Tourismus sei. Nach den Worten der Ministerin hängt jeder zweite Arbeitsplatz auf den Kanaren vom Tourismus ab.

Das Geschäft mit Urlaubern sorgte im vergangenen Jahr für gut ein Drittel der Wirtschaftsleistung. Rund 2,7 Millionen deutsche Urlauber reisten auf eine der acht Inseln, die meisten nach Gran Canaria und nach Fuerteventura. Besonders stark betroffen von der Pandemie ist den absoluten Zahlen zufolge derzeit Gran Canaria: Die Behörden verzeichnen dort mehr als 3.000 Infizierte. Die Behörden halten es für möglich, dass ein einziger Infizierter dafür verantwortlich ist; er könnte, so die Vermutung, das Virus vom spanischen Festland eingeschleppt und im Nachtleben der Inselgruppe verteilt haben.

Hoteliers erwarten schwierige Monate

Deutsche machen insgesamt 17 Prozent der Touristen auf den Kanaren aus. Die Hoteliers bereiten sich deshalb auf harte Zeiten vor. Sie hatten im Juli schon einen Schock verkraften müssen, als die britische Regierung eine Quarantäne für Reiserückkehrer von den Kanaren anordnete. Daraufhin kamen so gut wie keine Urlauber mehr aus Großbritannien. Juan Pablo Gonzáles, der Geschäftsführer des Hotelierverbandes ASHOTEL, erwartet nun auch eine Stornierungswelle aus Deutschland.

"Das ist ein schwerer Schlag für den Tourimus auf die Inseln. Der deutsche Markt ist der zweitwichtigste für uns nach dem britischen. Deutsche Urlauber haben uns zuletzt über Wasser gehalten. Nun müssen wohl viele Hotels schließen." Juan Pablo Gonzáles, Geschäftsführer Hotelierverband

Auch die wichtige Wintersaison hängt laut Gonzáles am seidenen Faden. Wenn es in Mitteleuropa feucht und kalt wird, flüchten normalerweise zehntausende Deutsche und Briten auf die Inselgruppe im Atlantik. Dort herrscht im Dezember oft noch Strandwetter.

Sorgen auch auf El Hierro

Die Behörden auf den Kanaren versuchen deshalb weiter, die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Sie haben schon einige Strände gesperrt und die Maskenpflicht ausgeweitet. Wirtin Maria Dolores von der Insel El Hierro kann sich vorstellen, dass auch Gastronomie-Betriebe geschlossen werden.

"Wenn die Regierung unser Restaurant zumacht, wäre das für uns fast schon gut. Wir müssten nicht fürchten, dass Gäste uns mit dem Virus infizieren. Und unsere Beschäftigten bekämen Unterstützung vom Staat. Wenn aber keine Touristen mehr kommen und ich deshalb schließe, muss ich meine Mitarbeiter weiter bezahlen, ihre Verträge laufen ja. Ein Dilemma." Maria Dolores, Wirtin auf El Hierro

Viele Reserven zum Durchhalten gibt es inzwischen nicht mehr. Im ersten Halbjahr brach die Wirtschaft der Kanaren um gut 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. In diesen sechs Monaten machten mehr als 1.200 Betriebe hauptsächlich wegen Corona dicht.

Geringe Fallzahlen auf Teneriffa und Fuerteventura

Ein enormes Problem also für die Tourismusbranche auf den Kanaren. Für deutsche Urlauber ergibt sich zumindest eine zwiespältige Situation: Wer sich aktuell auf den Inseln befindet, muss nach der Rückkehr einen Corona-Test machen und bis zu einem negativen Ergebnis in Quarantäne. Doch auch wenn die Reisewarnung für alle Kanaren-Inseln gilt: Die kritische Marke an Neuerkrankten haben nur Gran Canaria, El Hierro und Lanzarote überschritten. Auf Teneriffa, Fuerteventura oder La Gomera sind die Corona-Fallzahlen bisher im grünen Bereich.

Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat. Auf den Kanaren lag diese Zahl binnen sieben Tagen bei mehr als 95.

Deutsche Reisewarnung nun für ganz Spanien

Deshalb hatte das Auswärtige Amt am gestrigen Mittwoch für die Kanaren eine Reisewarnung verhängt. Damit warnt die Bundesregierung nun vor "nicht notwendigen, touristischen" Reisen in alle Landesteile Spaniens. "Spanien war und ist von COVID-19 stark betroffen", begründete das Auswärtige Amt am Mittwochabend die Entscheidung.

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