Luftaufnahme des Unfallorts in Schäftlarn
SchlagwörterLuftaufnahme des Unfallorts in Schäftlarn
SchlagwörterLuftaufnahme des Unfallorts in Schäftlarn
>
In Schäftlarn bei München sind am Montag zwei S-Bahnen zusammengestoßen. Ein Fahrgast starb, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Derzeit konzentrieren sich die Ermittler laut Innenminister Herrmann auf die Frage, ob menschliches Versagen vorliegt.
Am Tag nach dem Frontalzusammenstoß zweier S-Bahnen in Schäftlarn mit einem Toten und 18 Verletzten laufen am Unfallort weiter Untersuchungen. Erste Zeugen wurden vernommen, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.
Die Fahrtenschreiber beider Triebwagen seien sichergestellt worden. Mit Drohnen wurde der Unfallort südlich von München aus der Luft fotografiert - für die Ermittlungen, aber auch zur Vorbereitung der Bergung.
Bei dem Unfall auf eingleisiger Strecke waren zwei mit 95 Menschen besetzte S-Bahnen im Berufsverkehr frontal gegeneinander gestoßen. Ein Fahrgast starb, und 18 Menschen wurden verletzt. Sechs Schwerverletzte seien noch in Kliniken, unter ihnen die beiden Lokführer, sagte ein Polizeisprecher. Sie seien noch nicht vernehmungsfähig. Zudem seien 25 Personen ambulant versorgt worden.
S-Bahn-Unfall bei München: Erste Erkenntnisse zur UrsacheBayerns Innenminister Joachim Hermann hält menschliches Versagen für die wahrscheinliche Ursache des S-Bahn-Unglücks von Schäftlarn. Es habe bislang keine Hinweise darauf gegeben, dass ein technisches Versagen zu der gestrigen Kollision mit einem Toten und 18 Verletzten geführt habe, sagte er dem BR. "Letztendlich drängen sich die beiden Alternativen auf wie in Bad Aibling, dass es entweder ein Fehler der Fahrdienstleitung war. Oder - was eher im Vordergrund steht - dass die Lokführer einen Fehler gemacht haben." Hermann sagte aber auch, er wolle den Ermittlungen von Bundespolizei, bayerischer Polizei und Eisenbahnbundesamt nicht vorgreifen. Das müsse jetzt sorgfältig ermittelt werden.
Bahn und Eisenbahnbundesamt müssten sich jetzt die Frage stellen, ob die derzeit verwendete Technik auf den S-Bahnstrecken noch ausreiche. Auf Fernverkehrsstrecken würde schon längst eine andere Generation der Streckenüberwachung eingesetzt, so Hermann. Das eröffne noch andere Möglichkeiten der Qualitätssicherung.
Auch laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums München gibt es erste Hinweise zur Unfallursache, diese müssten nun aber noch verifiziert werden. Die Polizei werde sich äußern, wenn die Unfallursache klar sei.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann zur Suche nach der Unfall-Ursache
Unfallstrecke verfügt über SicherungssystemDie Unfallstrecke ist nach Angaben aus Bahnkreisen mit einer elektronischen Sicherung ausgestattet. Die Technik überwache den Zugverkehr und könne Züge im Notfall automatisch bremsen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" verfügte die eingleisige Strecke über ein Sicherungssystem der Punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB). Das System habe in der Unfallsituation angeschlagen und mindestens einen Zug gebremst.
Der Zug aus München Richtung Wolfratshausen hatte offenbar Verspätung. "Es gab bei einer S-Bahn Verspätung", sagte Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizeiinspektion München, der Deutschen Presse-Agentur. Der Grund hierfür sei noch unbekannt. Ob es einen Zusammenhang zu dem Unfall gebe, sei völlig offen, betonte Hauner. Anwohner hatten berichtet, eine Bahn habe vergleichsweise lange am Bahnhof gestanden. Bei der Deutschen Bahn war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.
Bergung der Züge erst am DonnerstagDie Bergung der verunglückten S-Bahn-Züge hat bisher noch nicht begonnen. Die Gutachter der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung wollten zuvor den Unfallort untersuchen.
Laut THW-Einsatzleiter Andreas Frank werden die kollidierten S-Bahn-Züge erst am Donnerstag mit Kränen auseinandergezogen und ins Gleis gesetzt. Die Aktion hätte schon morgen stattfinden sollen, jetzt sollen aber die Ermittlungen zur Unfallursache länger andauern. Mittwoch Nachmittag werden lediglich die Oberleitungen als Vorbereitung für die Kranmanöver am Donnerstag entfernt.
Sperrung der B11 in Schäftlarn bis MittwochDie Bundesstraße B11 bleibt weiterhin im Abschnitt zwischen Ebenhausen und Schäftlarn gesperrt. Nach dem gestrigen S-Bahnunglück untersuchen unter anderem Polizei und Eisenbahnbundesamt entlang der Gleise die Ursache für die Kollision. Für diese Untersuchungen, so die Polizeipressestelle München, werde weiterhin ausreichend Platz benötigt, sodass die Sperre mindestens bis Mittwoch Nachmittag nicht aufgehoben werden könne. Dann werden laut THW die S-Bahn-Oberleitungen für die endgültigen Aufräumarbeiten vorbereitet. Am Donnerstag sollen dann Kräne anrücken, die die ineinander verkeilten S-Bahnen auseinanderziehen.
Bahnstrecke der S-Bahn-Linie S7 noch gesperrtDie Bahnstrecke der S-Bahn-Linie S7 ist zwischen Höllriegelskreuth und Wolfratshausen gesperrt. Es ist ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Die Deutsche Bahn gab am Dienstag keine Prognose, wann die Strecke wieder freigegeben werden kann. Vorerst liefen weitere Untersuchungen, auch die Statik des Bahndamms muss geprüft werden. Erst wenn die beiden Züge abtransportiert worden sind, könnten die Schäden an der Infrastruktur begutachtet und behoben werden.
S-Bahn-Unglück in Schäftlarn
Bildrechte: BR / Birgit Grundner
Die S-Bahn-Kollision ereignete sich aus noch ungeklärter Ursache am Montag gegen 16.40 Uhr nördlich des Bahnhofs von Ebenhausen-Schäftlarn, einem Vorort von München. Der Bahnhof liegt auf der Strecke der S7 nach Wolfratshausen, sie ist in diesem Bereich eingleisig. Eine S-Bahn war Richtung München, die andere Richtung Wolfratshausen unterwegs.
Die Feuerwehr war mit schwerem Gerät im Einsatz. Sie musste einen eingeklemmten Mann befreien und einigen aus den Zügen helfen, andere kletterten selbst ins Freie. Fahrgäste und Angehörige wurden in der Nähe des Unfallortes betreut, auch von einem Kriseninterventionsteam und der Notfallseelsorge.
Insgesamt waren über 170 Feuerwehrleute im Einsatz, 230 Helfer der Rettungsdienste, 90 des Technischen Hilfswerks. Die Münchner Polizei war mit über 100 Beamtinnen und Beamten vor Ort, die Bundespolizei mit 80 Kräften. Mehrere Hubschrauber unterstützten die Rettungsmaßnahmen, die ineinander verkeilten und teilweise entgleisten Züge wurden mit Kränen gesichert.
Video zu BR24live: Nach dem S-Bahn-Unglück im SchäftlarnZusammenstoß von Münchner S-Bahnen
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Matthias Balk
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (beide CSU) zeigten sich schockiert über das Unglück. "Ich bin tief betroffen", sagte Schreyer am Montagabend am Unglücksort. Das Wichtigste sei jetzt, dass Verletzte und Angehörige betreut und unterstützt würden.
Söder sprach auf Twitter von schrecklichen Nachrichten: "Wir trauern mit den Angehörigen und wünschen allen Verletzten des S-Bahn-Unglücks schnelle Genesung. Danke an all die Rettungskräfte für ihren schnellen Einsatz", schrieb er. Nach einer Kabinettssitzung am Dienstag bekräftigte er sein Mitgefühl für die Angehörigen, seine Genesungswünsche und seinen Dank an die Helfer. Die Beteiligung vieler Freiwilliger zeige, dass Solidarität in Bayern großgeschrieben werde.
Oberbürgermeister Dieter Reiter "tief erschüttert"Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, die Nachricht vom Zusammenstoß habe "uns alle tief erschüttert". "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen." Der Oberbürgermeister wünschte insbesondere den Angehörigen des ums Leben gekommenen 24-Jährigen "viel Kraft für diese unsagbar schwierige Zeit - und allen Verletzten möglichst schnelle und vollkommene Genesung". Reiter dankte den Einsatzkräften, die mit ihrer Hilfe schnell vor Ort waren.
Als Konsequenz aus dem S-Bahn-Unglück von Schäftlarn muss nach den Worten von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) alles dafür getan werden, um ähnliche Unfälle in Zukunft möglichst zu verhindern. Dazu gehöre, dass der zweigleisige Ausbau dieser, aber auch aller anderer Strecken im S-Bahn-Netz dringend geprüft werden müsse, sagte Reiter in einem vom Rathaus verschickten Statement. Zuerst gelte es natürlich sehr genau nach den Ursachen für dieses tragische Unglück zu forschen.
Bahn richtet Hotline einDie Bahn drückte ihr Bedauern über das Unglück aus. "Den Angehörigen der Unfallopfer gehört unser tiefes Mitgefühl. Den Verletzten wünschen wir eine baldige und vollständige Genesung", sagte Heiko Büttner, Chef der S-Bahn München. Zudem richtete die Bahn eine Telefonhotline (0800 / 3 111 111) ein.
Die Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes, Angelika Schorer, erklärte: "Meine Gedanken sind bei den Angehörigen und Familien, aber auch bei den vielen Einsatzkräften, die sehr schnell zur Stelle waren."
Erst im August war es in der Nähe der heutigen Unfallstelle zu einem gefährlichen Zwischenfall gekommen: Zwei S-Bahnen waren etwa vier Kilometer entfernt bei Icking, der nächsten Haltestelle, auf der eingleisigen Strecke aufeinander zugefahren. Beide Lokführer konnten rechtzeitig bremsen. Die Bahnen waren nicht schnell unterwegs und kamen rund 150 Meter entfernt voneinander zum Stehen.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick - kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!