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Petras Pension der verlorenen Seelen an der Reeperbahn

Hinter dieser bunten Fassade liegen die 57 Zimmer der Pension von Petra Knecht. Foto: MARTIN BRINCKMANN

Hinter dieser bunten Fassade liegen die 57 Zimmer der Pension von Petra KnechtFoto: Martin Brinckmann

Hamburg - Hier hören alle auf IHR Kommando!

Petra Knecht (61) führt die Pension an der Reeperbahn 35, ein Zimmer kostet rund 400 Euro Warmmiete. Hinter der bunten Fassade wohnen 57 Mieter auf fünf Stockwerken - Trinker, Ex-Knackis, Gestrandete. Oder, wie Petra sagt: „Leute, die auf einmal den Boden unter den Füßen verlieren."

Petra besaß früher Kneipen und vermietet heute Zimmer mitten auf dem KiezFoto: Martin Brinckmann

Fürs Zusammenleben gelten klare Regeln: „Wer sich nicht an die Hausordnung hält, muss das Haus verlassen. So einfach ist das."

Kündigungsgründe: Miete nicht zahlen, Ruhestörung. Aber Ärger gibt es selten.

Christian Focke (27) aus Berlin, Zimmer 27, zog im November letzten Jahres ein. Er hat sechs Jahre Knast hinter sich.

Jetzt wohnt er auf zwölf Quadratmetern, sein Zimmer ist kaum größer als eine Gefängniszelle. Aber: „Ich fühle mich hier wohl. Es ist wie eine Gemeinschaft. Jeder hilft jedem."

Ex-Knacki Christian in seinem 12 Quadratmeter kleinen Zimmer: „Ich fühle mich wohl"Foto: Martin Brinckmann

Im fünften Stock wohnt Spielhallen-Mitarbeiterin Raimonda Kascenskaitė (37) aus Litauen auf zwei Zimmern mit Mini-Küche und Mini-Bad. Im Flur stapeln sich 200 Paar Schuhe.

Raimonda: „Mein Vormieter war alkoholkrank. Ich habe fast zwei Monate gebraucht, um alles zu renovieren." Jetzt strahlt und glitzert die Wohnung.

Raimonda ist eine der wenigen Frauen in der Pension und teilt sich ihre kleine Wohnung mit 200 Paar SchuhenFoto: Martin Brinckmann

Im Haus wohnen hauptsächlich Männer. Stress gibt es fast nie, sagt Raimonda. Ihre Vermieterin halte den Laden zusammen: „Petra ist wie eine Mutter. An Heiligabend feiert sie mit uns."

Petra Knecht gehörten früher die „Tippel"-Kneipen, seit 2007 vermietet sie Zimmer. „Meine Kneipen waren immer Wohnzimmer. Ich bin diese Leute um mich herum gewohnt. Ich brauchte noch nie einen Türsteher."

Auch Schauspieler Michael Thomas (58) mietete sich bei ihr ein - um sich auf seine Rolle als Petras Pension ist immer ausgebucht. Wer einzieht, bleibt oft lange: „Die Älteren gehen hier mit den Füßen zuerst raus."„Eisen-Lübke" im Kiez-„Tatort" vorzubereiten.
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