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Uni trotz Coronakrise: Semesterstart an der Uni Heidelberg mit technischen Problemen

Die Alte Uni in Heidelberg. Foto: Joe

Heidelberg. Montag, 21. April: Das Sommersemester in Heidelberg beginnt. Doch schon um 8 Uhr ist "Moodle", die wichtigste Plattform zur digitalen Lehre an der Uni, nicht erreichbar. "Verbindung fehlgeschlagen", heißt es. Der Server ist überlastet, zu viele Studierende wollen gleichzeitig die Webseite öffnen. "Das ‚digitale Sommersemester' begann eher schlecht als recht", schreibt der Studierendenrat (Stura): "Allen Anstrengungen von Lehrenden, Mitarbeitenden und natürlich auch uns Studierenden zum Trotz."

Die Ruperto Carola muss in diesem Semester auf digitale Lehre umsteigen. Präsenzveranstaltungen wird es wegen der Coronakrise keine geben. Nur in einigen Ausnahmen, wenn spezielle Arbeitsräume oder Labore nötig sind, können Studierende ab 4. Mai an die Uni. Und trotz der Einschränkungen soll das Sommersemester regulär stattfinden. Das haben die Wissenschaftsministerien der Länder entschieden. Der Stura sieht das kritisch: "Niemand behandelt den derzeitigen Zustand normal," sagt Pressesprecherin Annalena Wirth. "Nur die Hochschulen."

Moodle läuft seit Dienstag wieder. Die Uni reagierte schnell, um das Problem zu beheben. Laut Wirth, die Jura im zweiten Semester studiert, gibt es aber weitere Baustellen. Das Videokonferenz-Programm, das in ihrem Studiengang genutzt wird, stürzt regelmäßig ab. "Drei Vorlesungen habe ich bereits verpasst", so Wirth. "Die musste ich nachholen." Das bringe Planungsunsicherheit mit sich und einen höheren Zeitaufwand. Viele Studierende hätten zudem mit schlechten Internetverbindungen zu kämpfen. Der Stura fordert deshalb weiter ein sogenanntes "Kann-Semester": Die Lehre soll zwar stattfinden und Leistungen erbracht werden dürfen. Studierende in Problemlagen sollen aber keine Nachteile erfahren.

Diese Idee erachtet auch Lukas Weber als sinnvoll. Der 23-Jährige studiert Chemie und Physik, steht kurz vor seinem Bachelor. Der Semesterstart sei zwar holprig gewesen, die Situation habe sich aber relativ schnell verbessert. "Inzwischen weiß man, welche Videotools stabiler sind", so Weber. "Verwaltung und Dozierende geben sich große Mühe." Besonders eine Vorlesung im "Inverted Classroom"-Format hat es ihm angetan: Die Studierenden bringen sich per Video den Stoff selbst bei, bei einer anschließenden Live-Konferenz stellen sie dem Dozenten Fragen. "Das ist für mich sogar angenehmer als eine normale Vorlesung," sagt der Bachelor-Student.

Kreative Lösungen wünscht sich Weber bei den Laborpraktika in der Chemie. Diese beginnen oft vor der Vorlesungszeit, bis jetzt gebe es aber kein Ersatzangebot. "Irgendwann braucht man eine Perspektive. Denn im schlimmsten Fall bedeutet das eine Verlängerung des Studiums", sagt er. Ihm gefällt der Vorschlag, das Semester nicht auf die Regelstudienzeit anzurechnen. "Klausuren und Praktika verzögern sich, bei manchen Studierenden kommen individuelle Sorgen hinzu", so Weber. Am Ende werde es kein verlorenes Semester, aber auch kein vollwertiges.

Die Uni selbst zieht eine positive Bilanz der ersten Woche. "Der Semesterbetrieb läuft unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie besser als zu erwarten gewesen wäre", teilt eine Pressesprecherin mit. Das Uni-Rechenzentrum hatte mit Hochdruck an digitalen Lösungen gearbeitet. Die Sorgen der Studierenden wegen Prüfungen, die nachgeholt werden müssen, kennt die Uni. Sie bemühe sich, im Sinne von Fristverlängerungen und alternativen Prüfungsformaten Lösungen zu finden. Ein "Kann-Semester" könne man jedoch gar nicht einführen, diese Entscheidung liege bei den Landesregierungen. Die Uni versichert aber, "alles in ihrer Kraft stehende zu tun, um den Studierenden zu ermöglichen, alle erforderlichen Leistungen zu erbringen".

Beim Stura ist man skeptisch, ob diese Vision umgesetzt werden kann: "Die Universität bemüht sich, auf digitale Angebote umzusteigen. Das ist in nur einigen Wochen aber nicht möglich. Die Digitalisierung wurde verpasst", so Wirth.

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