von Caroline Ausserer aus Oeiras/Lissabon (erschienen in Männer Online am 19.10.2015)
Unter dem Motto „The Kids are alright" versammelten sich etwa hundert Teilnehmende aus zehn Ländern bei der vierten Europäische Regenbogenfamilienkonferenz vom 15.-18. Oktober. Mit dabei waren Familien aus Finnland, Frankreich, Belgien, Deutschland, Portugal, Spanien, Schweden, der Schweiz, Großbritannien und auch aus Russland. Die Organisation übernahm ILGA-Portugal gemeinsam mit NELFA (Network of European LGBT Families Associations), und so fand es nach Paris, Barcelona und Köln nun in Oeiras, in der Nähe von Lissabon statt.
„Wir haben die Herausforderung angenommen, dieses Treffen zu organisieren, auch um für die kürzlich stattgefundenen Wahlen in Portugal ein Zeichen zu setzen", sagt Isabel Advirta, Präsidentin von ILGA-Portugal. Es bestehe große Hoffnung, dass Regenbogenfamilien in den nächsten Monaten noch fehlende Rechte (wie die Stiefkindadoption) zugestanden werden. Derzeit sieht es in Europa so aus:
13 von 47 Ländern erkennen die Volladoption an, also Adoption und Stiefkindadoption:Andorra (2014), Belgien (2006), Dänemark (2010), Frankreich (2013), Island (2006), Irland (demnächst, muss nur noch vom Minister unterschrieben werden), Luxemburg (2014), Malta (2014), Niederlande (2001), Norwegen (2009), Spanien (2005), Schweden (2003), Großbritannien (2005/2013)
3 von 47 erkennen die Stiefkindadoption anÖsterreich (2013), Deutschland (2014), Slowenien (2011)
In Österreich ist ab 2016 die Volladoption möglich, Estland gestattet ab 2016 die Stiefkindadoption.
Eine bunte Vielfalt von Familien nutzte die Tage der Konferenz in Portugal, um sich auszutauschen, zu „netzwerken" und eine bessere gesellschaftliche, rechtliche und politische Anerkennung von Regenbogenfamilien einzufordern. Einige Paare hatten ihr Kind adoptiert, manche brachten sie aus früheren Beziehungen mit, aber ein Großteil der Kinder - zum Beispiel von lesbischen mit schwulen Paaren oder Transpaaren - war aus Insemination entstanden.
Seit vierzig Jahren zeigt die Forschung auf, dass es unseren Kindern gut geht.„Seit vierzig Jahren zeigt die Forschung auf, dass es unseren Kindern gut geht, daher haben wir dieses Motto gewählt", sagt Maria von Känel, Vorsitzende von NELFA. „Wenn sie diskriminiert werden, ist einer der Gründe dafür u.a. die mangelnde rechtliche Anerkennung der Familie als solche." Von Känel führt an, dass nur ein Viertel der EU Länder Regenbogenfamilien anerkennt. „Dies bedeutet, ein Großteil der Familien befindet sich in einem Niemandsland mit Benachteiligungen, worunter insbesondere die Kinder leiden." Die Politik müsse sich der Familienvielfalt stellen und endlich rechtliche Sicherheit geben.
Wie bereitet man Kinder auf die heterosexuelle Gesellschaft vor?Die Konferenz bot einen geschützten Rahmen um über Schwierigkeiten und Herausforderungen, aber auch über positive Beispiele für Regenbogenfamilien zu sprechen. So thematisierte beispielsweise ein Workshop das Thema „Starke Eltern stärken Kinder" und regte dazu an, Strategien zum Empowerment der Kinder zu finden um sie auf die heterosexuelle Gesellschaft vorzubereiten. In einem Comic-Workshop stellten die Teilnehmer_innen die Vielfalt der Familien dar und die Comics wurden dann im Rahmen der Konferenz ausgestellt. In einem weiteren Workshop ging es darum, mit Soziodrama sich den eigenen Wünschen und Ängsten stellen. Die Kinder waren bei den nachmittäglichen gemeinsamen Aktivitäten - wie Schatzsuche und Kizomba Tanz - mit dabei und spielten auch ohne gemeinsame Sprachkenntnisse fröhlich miteinander.
Bei den täglichen Rainbow Talks kamen Expert_innen zu Wort, wie Julia Ehrt von Transgender Europe (TGEU), die über die besondere Herausforderungen für Transfamilien sprach; Wissenschafter berichteten über die neuesten psychologischen Forschungen zum Thema.
Das diesjährige Regenbogenfamilientreffen ging mit einer Theatervorstellung des „Theaters der Unterdrückten" zu Ende, einer Theaterform nach Augusto Boal, die Interventionen vom Publikum anregt.
Das nächste Treffen ist für Mai 2016 in Athen geplant.
Fotos: Caroline Ausserer