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Sammeln per Container: Dubiose Geschäfte mit alten Kleidern

Eindeutig gekennzeichnet: Bei Containern des Deutschen Roten Kreuzes ist ersichtlich, wer sammelt. © Wresch, Jonas


Das grasgrüne Hemd war schon immer ein wenig zu grell, die Schlaghose ist seit Mitte der neunziger Jahre nicht mehr modern - und die lila Rüschenbluse hängt seit Ewigkeiten ungetragen im Schrank. Zum Wegwerfen sind sie zu schade, doch wohin mit den Sachen? Altkleidercontainer stehen an vielen Supermärkten oder Straßenrändern, Werbeblätter für Kleidersammlungen stapeln sich regelmäßig im Briefkasten. Von Zeit zu Zeit stehen sogar Wäschekörbe vor der Haustür.


Der Markt mit Altkleidern boomt, der Preis für Alttextilien ist in den vergangenen Jahren gestiegen. In der Folge stellen dubiose Händler etwa in Frankfurt ihre Container auf - ohne Genehmigung des Straßenbauamts. Eine solche benötigen sie aber, weil sie öffentlichen Raum in Anspruch nehmen. „Oftmals ist nicht nachvollziehbar, wer der Betreiber ist", sagt Peter Postleb, Leiter der Stabsstelle Sauberes Frankfurt. Oft seien weder Name noch Adresse der Firma auf den Containern angegeben, stattdessen gebe es nur eine Handynummer, unter der niemand erreichbar sei. „Man müsste die Sammler schon zufällig bei der Leerung der Container beobachten, um ihre Identität herauszufinden", erklärt Postleb.


Polizei entfernt Sammelboxen
 

Im vergangenen Jahr hat die Stadtpolizei 100 dieser illegal aufgestellten Container ermittelt und Zettel an ihnen angebracht, auf denen die Besitzer aufgefordert wurden, die Behälter zu entfernen. Als 22 Sammelboxen nach einigen Wochen immer noch standen, transportierte die Polizei sie ab. Kaum eine Firma habe von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Container vom Straßenbauamt wieder abzuholen. „Die wollen anonym bleiben", sagt Postleb. Wie viele illegal aufgestellte Container es im Moment gibt, kann das Ordnungsamt nicht sagen. „Es sind bestimmt nicht weniger geworden", schätzt Sprecher Michael Jenisch.


Nicht nur in Frankfurt gibt es dieses Problem. Vor kurzem wurden in Leipzig 350 ungenehmigte Container entdeckt, und im April entfernte die Berliner Polizei 475 illegale Behälter, zumal mehrere ohne Kenntnis der Eigentümer auf Privatgrundstücken abgestellt worden waren. Das im Juni in Kraft getretene neue Kreislaufwirtschaftsgesetz könnte Abhilfe schaffen. Nun müssen alle Sammler ihre Tätigkeit bei den Abfallbehörden melden. Und zwar auch solche, die Bekleidung nur vom Straßenrand abholen.


Das Geschäft mit Altkleidern lohnt sich: Nach Schätzungen des Verbands Fairwertung geben Verbraucher jährlich 750.000 Tonnen gebrauchte Textilien ab. Außer Kleidung und Schuhen werden auch Bettwäsche oder Tischdecken weiterverarbeitet. „Der Markt schreit nach Ware", sagt Volker Abraham, von Texaid in Darmstadt, einem textilverarbeitenden Unternehmen. Je nach Qualität der Ware lasse sich ein durchschnittlicher Preis von 25 Cent je Kilogramm erzielen. In einen Container passen zwischen 300 und 350 Kilogramm Kleidung, wie er sagt.


Die Ware wird von den Firmen eingesammelt, per Hand sortiert und entweder an Second-Hand-Läden in Deutschland oder an Händler in Osteuropa und Afrika verkauft. Die unbrauchbare Ware verarbeitet Texaid - so wie fast alle Firmen der Branche es tun - zu Putzlappen. Manchmal wird auch Dämmmaterial daraus.


Die legal arbeitenden Verwerter müssen Standplatzgebühren an die Kommunen zahlen, sagt Abraham. Zu Einbußen bei der Sammelmenge durch die illegale Konkurrenz kämen außerdem gestohlene und aufgebrochene Container. Doch nicht nur gewerbliche Sammler spüren die wachsende Konkurrenz. Der Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Frankfurt, Oliver Backhaus, berichtet, dass die rund 100 DRK-Container immer häufiger halbleer blieben. Unseriöse, zumeist osteuropäische Händler plünderten sogar die Container. „Die stehlen die besten Kleider heraus", sagt Backhaus. „Das ist organisierte Kriminalität." Für das DRK sind die Einnahmen aus den Altkleidern jedoch wichtig, um Dienste wie die Behindertenarbeit oder Demenzbetreuung zu finanzieren. Ein Fünftel des Budgets für soziale Dienste stamme aus Altkleidern.


Gewerbliche Händler geben sich karitatives Image
 

Damit Verbraucher, die getragene Kleidung für einen guten Zweck spenden möchten, wohltätige Organisationen auf einen Blick erkennen können, hat der Verband Fairwertung ein Logo entwickelt. Ein weißer und ein grüner Pfeil auf türkisblauem Hintergrund weisen darauf hin, dass eine seriöse Firma am Werk ist.


Wohltätigkeit wird manchmal nur vorgetäuscht. „Wir verurteilen nicht die gewerbliche Sammlung an sich, sondern, wenn gewerbliche Händler sich einen karitativen Anstrich geben", sagt Andreas Voget, Vorsitzender von Fairwertung. In solchen Fällen würden Vereinsnamen, die die Wörter „Not" oder „Hilfe" beinhalteten, gegen 200 bis 300 Euro monatliche Spende an den jeweiligen Verein, von Firmen „geliehen". „Das ist unlautere Werbung", rügt Voget. Den Vereinen, die sich auf so etwas einlassen, sei jedoch oft kein Vorwurf zu machen, da sie sich schlicht der Tragweite nicht bewusst seien. „Sie halten das für Sponsoring", sagt Voget.


Wer wissen will, was mit seiner einstigen Lieblingsjeans geschieht, dem empfiehlt Voget, Kleidung an bekannte Organisationen zu geben. Und bei karitativen Vereinsnamen genau hinzusehen.

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